Der EQC von Mercedes Benz ist nun schon eine Zeit lang erhältlich. Wir haben ihm einen zweiwöchigen Ausritt gegönnt und können feststellen: Ein so rundum gelungenes Elektroauto findet man selten.

Front Ansicht des Mercedes EQC

Alle reden über Elektromobilität. Dabei scheint der Schwerpunkt aber auf Elektro zu liegen, nicht auf Mobilität. Wir schmeißen mit Zahlen um uns, mit Kilowatt, mit Reichweiten und mit Ladeleistungen. Doch denken wir ein paar Momente zurück, dann waren die begehrenswertesten Autos die, die uns stilvoll von A nach B brachten. Mit geschmackvollen Interieurs, perfekter Verarbeitung und einem Maßstäbe setzenden Fahrgefühl. Einfach Wohlfühlen auf vier Rädern. Genau diese Eigenschaften definierten den schönen Begriff Premium. Dieses Segment scheint in Sachen Elektroauto ein bisschen in Vergessenheit geraten zu sein. Angesichts von Förderprämien und Leasingraten im zweistelligen Bereich ist das nicht verwunderlich, aber es gibt sie, die Premium-Elektromobilität und eines der schönsten Beispiele ist der EQC.

Mercedes EQC Interior

Lässiger Luxus

Unser Testexemplar ist mattgrau. Ein Eyecatcher. Unser Ausritt beginnt am Samstag auf der Königsallee, der Düsseldorfer Prachtstraße. Man ist hier autoaffin, das beweisen die vielen geparkten SUVs und Sportwagen. Die Sonne lacht und an der Ecke lauern sogar Carspotter, Kids, die ausgefallenes Blech für ihre Instagram-Sammlung suchen. Können wir da mit dem EQC punkten? Schließlich sieht er in keiner Weise elektrisch-exotisch aus, eher ein typischer Mercedes , dem man erst auf den zweiten Blick ansieht, dass unter seine Haube kein archaischer Verbrenner säuselt. Die Insta-Kids erkennen das und prompt landen wir auf diversen Kameras.

Doch auch der gemeine Kö-Besucher mit Hang zum Automobilen schaut nach dem EQC. Denn während man an den Geschäften vorbeiflaniert, dreht sich der Kopf ohnehin immer mal in Richtung Fahrbahn, nicht zuletzt, weil dort offensichtlich zahlreiche Chauffeure nicht willens oder in der Lage sind, ihr Gefährt mit einem anderen als dem ersten Gang zu bewegen. Zwischen den brüllenden und schillernden Boliden sind wir schlichtes Understatement. Dank mattem Grau auffällig genug, doch eben nicht „proletarisch“. Dass wir keinen Lärm machen, ist dank des umgebenden Verkehrs aber nur zu erahnen, nicht wirklich zu hören. Dennoch scheint es genug Passanten zu geben, die den elektrischen Mercedes erkennen.

Elektromotor des Mercedes EQC

Souveräne Kraft

Sei’s drum, wir sind nicht zum Posen hier, also ab auf die Straße. Raus aus der Stadt und rauf auf die Landstraße. Der 300 kW starke Antrieb des Mercedes EQC verleiht eine beeindruckende Souveränität. In keiner Situation fühlt man sich schlecht motorisiert, eher im Gegenteil. Der Sportmodus scheint eine verzichtbare Option. Mit den über die Schaltwippen wählbaren Rekuperationsstufen lässt sich das Bremsverhalten vortrefflich optimieren, nur bei kernigen Ampelstopps oder wenn andere Verkehrsteilnehmer Stress machen, muss die mechanische Bremse eingreifen. Das hält den Verbrauch im Zaum: Im Mittel saugte sich der EQC bei flotter knappe 25 kWh auf 100 km aus der Batterie. Damit ergibt sich eine Reichweite von gut 300 km. Wer viel in der Stadt unterwegs ist und entsprechend viel Energie rückgewinnen kann, kommt aber auch auf Werte knapp unter 400 km. In unserem Test ließen sich bei solchen Bedingungen leicht Werte um 18 kWh/100 km erzielen.

Das Fahrgefühl ist großartig, denn das Fahrwerk ist zugleich verbindlich und dennoch komfortabel. Unvermeidliche Speedbumps bügelt der EQC lässig weg und selbst Kopfsteinpflaster stellt den Schwaben vor keinerlei Probleme. Das betrifft auch die Akustik im Innenraum. Alles ist bestens gedämmt, alle Geräusche sind so, wie sie sein sollten. Fabelhafte Autos bauen, das konnten sie bei Mercedes schon immer. Jetzt eben auch elektrische.

„Fabelhafte Autos bauen, das konnten sie bei Mercedes schon immer. Jetzt eben auch elektrische“

Genug der Landstraßen, uns lockt eine Autobahnauffahrt. Hinter uns ist kein Verkehr. Da leisten wir uns den Luxus, mal aus dem Stand im Sportmodus auf die Autobahn zu beschleunigen. Mercedes gibt diesen Wert mit 5,1 Sekunden an. Eine Zahl, der wir absolut Glauben schenken. Allerdings ist dann bei 180 km/h schlagartig Schluss mit dem Vortrieb – mit Rücksicht auf die Reichweite. Das ist durchaus nachvollziehbar, den voll besetzten Passat mit Feriengepäck ziehen zu lassen, ist dennoch schmerzhaft.

Energiefluss auf dem Bildschirm dargestellt

Verschnaufpause, der EQC lädt

Nach dem Fahren folgt unweigerlich das Laden, idealerweise mit maximaler Geschwindigkeit. Beim EQC sind das etwa 110 kW, die für eine gewisse Zeit aus der Ionity-Säule fließen. Ab circa 50 Prozent Ladestand wird es dann sukzessive langsamer. Die Navigation im Mercedes weiß das. Wer mit ihr seine Routen plant, bekommt ziemlich genaue Empfehlungen, wo und wie viel man laden sollte, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Bei unserer Tour, die die A3 entlangführt, haben wir daher die empfohlene Ionity-Station angesteuert. Die Empfehlung der Navigation wäre es gewesen bis etwa 61 Prozent zu laden, um dann zum nächsten Ladestopp zu fahren, wir entscheiden uns aber, das Ding vollzumachen. Randvoll.

Bei 75 Prozent SoC (State of Charge, wie Elektromobilisten zum Batteriepegel sagen), ist die Ladeleistung auf 75 kW gesunken. Absolut gesehen ist das nicht schlecht, andere, beispielsweise der Audi e-Tron, laden aber in diesem Zustand merklich schneller. Über die gesamte Ladedauer haben wir bis 80 Prozent Akkustand gemittelt saubere 100 kW Ladeleistung – insgesamt also kein Grund zur Klage. Wir hängen noch ein paar Minuten dran und rollen dann mit randvoll gefüllten Batterien vom Autohof. Die Freischaltung an den Ionity-Säulen wie auch andernorts funktioniert übrigens mit der optionalen Mercedes-Ladekarte in wenigen Augenblicken. In Verbindung mit dem vorausschauend planenden Navigationssystem ist man so vor Überraschungen sicher und kann unbeschwert seine Fahrt antreten.

Eines der besten Elektroautos

Wir hören schon die Unkenrufe. Ein Tesla sei schneller, ein Kona günstiger. Aber in der Summe seiner Qualitäten gehört der Mercedes EQC zu den besten Elektroautos, die wir bisher fahren durften. Das beginnt bei den haptischen Qualitäten im Innenraum, reicht über die zahllosen Assistenzsysteme bis hin zum wirklich guten Nutzerinterface. Natürlich braucht man keine zwei Displays im XXL-Format, dennoch ist es nett sie zu haben. Und mit der hauseigenen Sprachsteuerung über die Beduftung des Innenraums oder die Farbe der Ambientebeleuchtung zu reden, geht nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über.

„Mit der Mercedes-eigenen Sprachsteuerung über die Beduftung des Innenraums oder die Farbe der Ambientebeleuchtung zu reden, geht nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über“

Ähnliches kann man zum Design sagen. Auch wenn die Formensprache nicht großartig anders ist, als bei den anderen SUVs des Hauses, sind es doch die vielen kleinen Details wie beispielsweise die kupferfarbig eingefassten Lüftungsdüsen, die einem immer wieder klarmachen, dass man in einem besonderen Auto der Modellpalette sitzt. Trotz vieler Gleichteile ist ausreichend vieles anders. Und wem das nicht reicht, der muss halt nur mal ordentlich aufs Pedal treten und sich an der kraftvollen und zugleich fast geräuschlosen Fortbewegung erfreuen.

Natürlich braucht man all das nicht notwendigerweise, doch es ist schön, die Möglichkeiten zu haben. So, wie es eben schön ist, stilvoll von A nach B zu reisen, statt nur transportiert zu werden. Und genau für diese Qualitäten stand Mercedes seit jeher und tut dies auch beim EQC.

„Es ist schön, stilvoll von A nach B zu reisen, statt nur transportiert zu werden“

Ja, all das hat seinen Preis, der bei knapp 70.000 Euro startet. Dafür ist der Mercedes EQC nicht schlecht ausgestattet, aber ein bisschen mehr geht natürlich immer. Wer noch 10.000 Euro einkalkuliert, sollte aber alles bekommen, was das Herz begehrt. Der Einstigespreis ist unter für die Bafa-Förderung relevante Grenze von 65.000 € netto, somit kann man vom Kaufpreis netto 7.500 € abziehen. Damit kommt der EQC in durchaus interessante Bereiche, zumal die Dienstwagenversteuerung bei vollelektrischen Automobilen ja mit nur 0,25 Prozent ebenfalls verlockend ist.

Mercedes EQC

INFOS

Fahrzeugkategorie:                Crossover

Typ:                                        batterieelektrisch

Antrieb:                                  Allradantrieb elektrisch

                                               Elektromotor, 300 kW

Technik/Kapazität:                 Li-Io, 85 kWh

Reichweite / Ladegeschwindigkeit

Reichweite (WLTP):                370 km

Ladezeit AC auf 100%:           720 min (7,4 kW)

Ladezeit DC auf 80%:             < 35 min

Performance

Höchstgeschwindigkeit:         180 km/h

Beschleunigung

0-60 km/h                              –

0-100 km/h:                           5,1 s

Verbrauch WLTP:                   22,3 kWh/100 km

Verbrauch im Test:                 21,0 kWh/100 km

Technische Daten

Abmessungen:                       4761 x 1884 x 1623 mm

Leergewicht / Zuladung:        2495 kg / 520 kg

Kaufpreis inkl. Akku:              ab 69.484 Euro