Der elektrische Allradantrieb ist nicht neu. Doch anders als der bekannte Audi E-Tron bekommen die zukünftigen S-Modelle der Elektrobaureihe als Weltneuheit in der Großserie mit drei E-Motoren ein elektrisches Torque Vectoring

Audi gibt dem e-Tron und dem Sportback bald einen Antrieb aus drei Elektromotoren mit auf den Weg

Wie der Zusatz RS steht auch das S bei Audi für besonders sportliche Ausführungen der jeweiligen Modelle. Das unterstreichen der Autohersteller aus Ingolstadt mit dem e-Tron S und dem e-Tron S Sportback, die beide im Laufe des Jahres zu den Händlern rollen. Die in beiden Versionen eingesetzte drei E-Maschinen kommen auf eine maximale Gesamtleistung im Boostbereich von 370 kW (476 PS) und ein Drehmoment von 973 Newtonmetern (Nm). Aufgrund einer besonders leistungsstarken Kühlung kann diese Kraftreserve für jeweils acht Sekunden abgerufen werden. Doch auch die 320 kW (435 PS) sowie die 808 Nm im Dauerbetrieb sind nun wahrlich nicht von schlechten Eltern. Audi hält auch den S-Modellen an dem Konzept mit zwei unterschiedlichen Asynchronmotoren fest. „Ein entsprechender Baukasten war von Beginn an für die e-Tron Baureihe ausgelegt“, sagt Projektleiter Marc Bauer, der zudem auf das günstigere Gewicht und bessere Boostmöglichkeiten im Vergleich zu Synchronmotoren hinweist. 

Der markante Look lässt die besonderen Spurtfähigkeiten des e-Tron S Sportback schon im Rückspiegel erahnen

Anders jedoch als beim bisher bekannten e-Tron haben die Entwickler für die S-Versionen den starken hinteren Antrieb mit einer Leistung von jetzt 124 kW (169 PS, im Boostbereich 150 kW/204 PS) von der Hinter- an die Vorderachse verpflanzt. Die kleinere Maschine wandert dafür jetzt in doppelter Ausführung von vorne nach hinten, wo sie jeweils ein Rad mit 309 Nm antreiben. Gemeinsam leisten die beiden E-Motoren 196 kW (266 PS, im Boost 264 kW/359 PS). 

Die in beiden Versionen eingesetzte drei E-Maschinen kommen auf eine maximale Gesamtleistung im Boostbereich von 370 kW (476 PS) und ein Drehmoment von 973 Newtonmetern

Jeder Elektromotor wird von einer eigenen Leistungselektronik mit Drehstrom versorgt, Planetenradgetriebe mit fester Übersetzung leiten ihre Kräfte auf die Räder. Der vordere E-Motor hat aus Packaging-Gründen eine achsparallele Einbaulage. Die beiden Elektromotoren an der Hinterachse sind Rücken an Rücken in einem Gehäuse koaxial montiert. Die Kraftübertragung auf die Räder erfolgt ohne mechanisches Differenzial und macht somit das elektrische Torque Vectoring, also die Drehmomentverteilung, möglich.  

Wer mag, kann den Audi e-Tron S Sportback auch zum Drift verführen

In der alltäglichen Praxis arbeiten aus Effizienzgründen lediglich die beiden hinteren E-Maschinen. Wird mehr Leistung abgerufen beziehungsweise wenn der Grip bei niedrigen Reibwerten oder schneller Kurvenfahrt nachlässt, schaltet sich der vordere Motor blitzschnell und für den  Fahrer unmerklich zu. Bauer erklärt: „Wenn der Fahrer sportlich aus der Kurve beschleunigt, teilt der Elektromotor dem kurvenäußeren Hinterrad bis zu 220 Nm mehr Drehmoment zu als dem kurveninneren. Aufgrund der Übersetzung ergibt sich zwischen den Hinterrädern eine Differenz des Antriebsmoments von etwa 2.100 Nm. Dabei beträgt der Zeitversatz nur etwa ein Viertel eines mechanischen Systems.  Zweiter Vorteil: die Momente beim elektrischen Torque Vectoring sind deutlich höher.

Wenn die Stabilisierungskontrolle ESC auf „Sport“ und das Fahrdynamiksystem Audi drive select auf maximale Performance eingestellt sind, erlaubt das Antriebslayout eine hohe Querdynamik. Sogar kontrollierte Drifts sind möglich.

Das erzeugte Giermoment unterstützt dabei nicht nur das Einlenkverhalten, auch zum Halten des Kurvenradius ist weniger Lenkwinkel nötig. Das Ergebnis: ein agileres Fahr- und Eigenlenkverhalten und somit eine höhere Kurvengeschwindigkeit.“ Ein weiterer Vorteil sei die Traktion: Wenn beim Beschleunigen ein Hinterrad auf Fahrbahnbelag mit niedrigem Reibwert stehe, etwa bei Glatteis oder losem Untergrund, werde das Moment zwischen den beiden Motoren präzise und schnell verteilt. Das traktionsstarke Rad erhalte annähernd das volle Moment zugeteilt, während das traktionsschwache Rad nahezu momentenfrei mitlaufe. 

Das Interieur ist fahrerorientiert, wie es sich für einen Elektroboliden mit dieser Leistung gehört

Eindrucksvoll waren das Plus an Agilität, Dynamik aber aufgrund eines stabileren Geradeauslaufs auch an Sicherheit bei ersten Fahrten mit dem e-Tron S Sportback zu spüren. Sportwagenähnlich beschleunigt der antriebsseitig eher heckbetont ausgelegte Wagen aus den Kurven heraus. Wenn die Stabilisierungskontrolle ESC auf „Sport“ und das Fahrdynamiksystem Audi drive select auf maximale Performance eingestellt sind, erlaubt das Antriebslayout eine hohe Querdynamik. Sogar kontrollierte Drifts sind möglich. Erst recht, wenn das ESC komplett ausgeschaltet ist. Selbst dann lässt sich der 4,90 Meter lange Wagen noch relativ problemlos und wieder in die Spur bringen, wenn das Heck ausgebrochen ist.

Die Batterie arbeitet mit 397 Volt Nennspannung und kann kurzfristig bis zu 430 kW elektrische Spitzenleistung bereitstellen.

Das Hochvolt-Batteriesystem der Audi e-tron S-Modelle liegt als langer (2,28 Meter), breiter (1,63 Meter) und flacher (0,34 Meter) Block unter der Passagierzelle. Jedes seiner 36 Module birgt zwölf Zellen. Die Module sind in zwei Ebenen aufgeteilt – eine lange untere und eine kurze obere, die den Raum unter der Rücksitzbank nutzt. Das Kühlsystem ist räumlich getrennt unter dem Zellraum montiert, es besteht aus flachen Aluminium-Strangpressprofilen, die in kleine Kammern unterteilt sind. Die Batterie arbeitet mit 397 Volt Nennspannung und kann kurzfristig bis zu 430 kW elektrische Spitzenleistung bereitstellen. Sie speichert brutto 95 kWh Energie, von denen 91 Prozent – also 86,5 kWh – netto nutzbar zur Verfügung stehen.

Wolfgang Schäffer ist die S-Modelle des e-Tron bereits für uns gefahren

Geladen wird die Batterie serienmäßig mit bis zu elf kW mit Wechselstrom.  Das optionale Ladesystem kompakt lässt sich an einer 400 Volt-Drehstromsteckdose ebenso wie an einer 230 Volt-Steckdose nutzen. Unterwegs können die elektrischen S-Modelle mit bis zu 150 kW Leistung Gleichstrom laden, etwa im europäischen Netzwerk von Ionity. Damit dauert der Ladevorgang von fünf auf 80 Prozent etwa eine halbe Stunde. 

Optisch sind die S-Modelle an den um 23 Millimeter breiteren Radhäusern mit 20-Zoll-Rädern, modifizierten Stoßfängern sowie vergrößerten Air Curtains für erhöhten Luftstrom zu erkennen. Innen sind elektrisch einstellbare Sportsitze mit Leder/Alcantara-Bezügen serienmäßig.