Im hell erleuchteten Studio in Hamburg strahlt der nagelneue Polestar 4 in der Farbe Snow mit den Scheinwerfern um die Wette. Ja, seine Weltpremiere hat das 4,84 Meter lange Mittelklasse-SUV-Coupé 2023 in Shanghai gefeiert. Wir besuchten die europäische Sitzprobe.
Dreist, innovativ, befremdlich, genial, überflüssig, spannend, schick oder hässlich. Wie beschreibt man am besten das Alleinstellungsmerkmal des Polestar 4 – die fehlende Heckscheibe? Statt einer Scheibe weiße Lackschicht – für die Sicht nach hinten gibt es eine von zwölf Kameras, deren Bild den digitalen Innenspiegel ausfüllt. Man kann sich daran gewöhnen, doch die Frage nach dem „warum“ bleibt – für mehr Platz für Passagiere und Gepäck. Für die Aerodynamik der Dachlinien und weniger Verbrauch.
Ansehen
Ich gestehe, ich habe das Heck eine Weile auf mich wirken lassen. Ich finde es lässig und konsequent. Gerade in der Gattung „SUV-Coupé“ gibt es bisher mehr Sehschlitze als brauchbare Heckfenster.
Die Front des Polestar 4 polarisiert deutlich weniger. Statt Volvo-ähnlichen Designelementen trägt der Vierer seine Nase tief auf der Straße. Statt Thors Hammer zeigen sich LED-Scheinwerfer – optional als Matrix-Scheinwerfer mit zwölf LED-Segmenten – zweigeteilt mit zweigeteiltem Tagfahrlicht. Das sprichwörtliche Highlight ist jedoch das hintergrundbeleuchtete Logo auf der Front.
Hinter der C-Säule zeigt sich die Verwandtschaft zum Polestar 2. Und auch die Insignien des Performance-Pakets hat man übernommen. Dann drehen sich in den Radhäusern üppige 22-Zöller. Neben der Basis mit 20 Zoll gibt es optional auch 21-Zoll-Felgen. Allerdings kosten die 22 Zöller nicht nur Geld, sondern auch 2,4 kWh mehr Strom auf 100 Kilometer.
Anlassen
Nach dem Einsteigen per Keyless Entry reicht es, den Fuß auf die Bremse zu stellen, um den Polestar 4 zu starten. Hinter dem Lenkrad leuchtet ein schmales 10,2-Zoll-Display mit allen Fahrerinformationen, die auch im 14,7 Zoll großen Head-Up-Display auf der Scheibe zu sehen sind. Das üppige Infotainment-Display im 15,4-Zoll-Format schwebt quer statt früher hochkant vor dem Armaturenbrett.
Der Strom zum Fahren steckt in einer brutto 100, netto 94 kWh großen Batterie. Optional kann der Onboard-Lader 22 kW entgegennehmen und lädt den Akku in 5,5 Stunden voll. Am Schnelllader verträgt der Polestar 4 maximal 200 kW und bringt den SoC in 30 Minuten von 10-80 %.
An der Hinterachse sitzt beim Polestar 4 ein Elektromotor mit 200 kW (272 PS) Leistung und 343 Nm Drehmoment. Der Spurt von 0 auf 100 km/h ist nach 7,1 Sekunden vorbei, und weiter beschleunigt, erreicht etwas später die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Die gilt auch für die Allradvariante, deren Spurt man nur 3,8 Sekunden lang genießen darf. Das liegt an den doppelten Leistungsdaten: 400 kW (544 PS) und 686 Nm. Mit dem Hinterradantrieb verbraucht man 17,7 bis 18,1 kWh auf 100 Kilometer und soll bis zu 610 km weit kommen. Bei der Allrad-Variante liegt der Verbrauch bei 18,6 kWh, die Reichweite ist mit 580 km etwas niedriger. Eine Wärmepumpe gehört wie Vehicle-2-Load zur Serienausstattung.
Anfassen und Probesitzen
Die meisten Materialien im Innenraum sind wiederverwertbar oder bestehen aus recycelten Werkstoffen. Die Innenausstattung ist vollkommen vegan – zumindest solange man sich nicht für die optionale Lederausstattung entscheidet. Die behaglichen Sitze sind bequem und elektrisch verstellbar – inklusive Komforteinstiegsfunktion. Der Innenraum ist wie bei Polestar üblich sinnvoll aufgeräumt. Die meisten Funktionen werden auf dem Display geschaltet, was dank größerer Schaltflächen noch einfacher von der Hand geht.
Das Platzangebot der zweiten Reihe ist üppig. Mangels Heckscheibe und dank gestreckter Dachlinie haben auch 1,84-m-Menschen noch genug Kopfraum bis zum Glaspanoramadach. Auch die Beinfreiheit lässt kleine Tanzschritte zu. Nur die Schuhe passen nicht unter den Vordersitz in seiner tiefsten Position.Hinter den Köpfen wird ein Polster vom farbigen Ambient Light mit Farbe benetzt. So fühlt man sich wie in einer kuscheligen Lounge, einer Stretch- oder Luxus-Limousine.
Bestellen
Wer mag, kann den Polestar 4 schon seit Ende Januar bestellen – zu einem Basispreis von 61.900 Euro. Mit Allrad liegt der Basispreis um 8.000 Euro höher, und ein Vollausstatter liegt bei 84.000 Euro. Wer zeitig den Bestellknopf drückt, darf sich auf eine Auslieferung im Sommer 2024 freuen.