25 Jahre Erfahrung hat Toyota mit elektrischen Antrieben. Die ersten 23 davon mit Hybriden, dazu dann ein bisschen PHEV. Mit dem BZ4X treten die Japaner nun mit dem ersten BEV an und dazu gleich einer neuen Nomenklatur.
Fangen wir mit dem Namen an: Das BZ steht für Beyond Zero, also mehr als Null und steht stellvertretend für den Kurs des Unternehmens, irgendwann völlig CO2-neutral zu produzieren. Die 4 verdankt der Toyota seiner Größe, mit knapp 4,70 m Länge tritt er nämlich im populären D-Segment an. Das X schließlich steht wider Erwarten nicht für den optional erhältlichen Allradantrieb, sondern die Bauform eines Crossovers. Das lässt mutmaßen, dass weitere, batterieelektrische Fahrzeuge des Hauses BZ3 oder BZ5 heißen könnten, bleiben wir also gespannt.
Design
Das Design orientiert sich sehr am erfolgreichen RAV4, hat aber doch seine Eigenheiten. Die äußere Hülle ist markant geformt und sicherlich ein Lichtblick in der Flut rundgelutschter Wettbewerber. Der BZ4X ist sofort als Toyota zu erkennen, jedoch nicht so extrovertiert, dass man sich schnell daran sattsehen würde.
Im Innenraum setzt sich der individuelle Stil fort. Das Fahrerdisplay ist weit oben platziert, wie man es beispielsweise von Peugeot kennt. Dadurch muss man das Lenkrad relativ weit nach unten justieren, um darüber hinwegschauen zu können. So spart man sich ein Head-up-Display. Im Alltag funktioniert das gut und muss nicht als Nachteil verstanden werden. Man muss die Augen kaum von der Fahrbahn wegbewegen und hat so den Verkehr weiter im Blick.
Der Materialmix aus modern anmutenden Textilien und viel nicht ganz so wertig anmutendem Kunststoff enttäuscht ein wenig, dürfte aber recht alltagstauglich sein. Eine Ausnahme bilden da die hochglanzlackierten Flächen der Mittelkonsole, die sehr empfindlich für Fingerabdrücke sind. Unter einer Abdeckung verbirgt sich die induktive Ladefläche für Smartphones. Ein USB-A-Anschluss versorgt auch andere Devices mit Strom. In der unteren Ablage gibt es einen USB-C-Port und viel, viel Platz. Das lässt auch verschmerzen, dass der BZ4X kein Handschuhfach hat, das wir ehrlich gesagt ohnehin selten nutzen.
Das optionale Panoramadach lässt viel Licht ins Innere, ist allerdings durch eine Strebe geteilt. Als Extra kann man zudem ein Solardach konfigurieren, dass im Jahr Strom für bis zu 1.800 km liefern soll.
Der Innenraum ist geräumig, der Kofferraum dafür mit rund 450 Litern nicht riesig, Einen Frunk gibt es nicht, dafür bietet der BZ4X eine Anhängelast von maximal 750 kg und eine Stützlast von 75 kg. Der Transport von zwei oder drei Elektro-Fahrrädern sollte also kein Problem darstellen.
Antrieb und Batterie
Den BZ4X gibt es in zwei Antriebsvarianten. Die günstigere ist der Frontantrieb mit einem 150 kW starken Motor. Zusammen mit der gut 71 kWh fassenden Batterie erzielt man so Reichweiten von mehr als 500 km nach WLTP. Die Version mit Allradantrieb ist kaum leistungsstärker, denn hier haben der vordere wie auch der hintere Motor jeweils 80 kW Leistung. In dieser Version liegt die maximale Reichweite bei 470 km.
Dier Batterie kann bei den ersten Modellen, die dieses Jahr ausgeliefert werden an AC mit 6,6 kW geladen werden. Ab Herbst wird dann serienmäßig ein 11 kW-Lader verbaut. An DC lädt der Toyota mit bis zu 150 kW, besitzt allerdings (noch) keine Funktion zur Batterie-Vorkonditionierung. Wer also mit kaltem Kraftspeicher an der Ladesäule vorfährt, kommt nicht in den Genuss der vollen Geschwindigkeit. Dabei hat sich Toyota ein sehr ausgeklügeltes Thermomanagement einfallen lassen, dass bis in die einzelnen Zellen hinein funktionieren soll, die technische Basis wäre also gegeben. Das gilt auch für die Klimatisierung allgemein, denn alle BZ4X in Europa kommen serienmäßig mit einer Wärmepumpe, die die Vortemperierung des Innenraums in der kalten Jahreszeit zu einem komfortablen Vergnügen macht, dass kaum Batterieladung kostet.
Bei unserem Test der Allradversion in Vollausstattung rund um Kopenhagen mit einem hohen Anteil an Stadtverkehr, viel Landstraße und ein bisschen Autobahn kamen wir auf einen Verbrauch von 17,5 kWh/100 km. Das liegt nahe am WLTP-Wert und positioniert den Toyota unter den besten Fahrzeugen in seinem Segment. Die Frontantriebs-Version soll gar mit weniger als 15 kWh auskommen, was uns durchaus realistisch erscheint. Realistische Ladeleistungen konnten wir angesichts der kurzen Strecke nicht ermitteln, das holen wir später bei einem ausgiebigen Test im Recharge-Format nach.
Infotainment
Das Infotainment bietet natürlich eine integrierte Navigation. Diese konnte allerdings zum Testzeitpunkt noch keine Ladestopps in die Routenplanung integrieren. Auch die Suche rund um den Standort brachte – zumindest in Kopenhagen – eher enttäuschende Resultate. Das bedeutet, man muss parallel andere Tools bemühen. Hier empfiehlt es sich dann, auf entsprechende Apps via Apple CarPlay oder Android Auto auszuweichen – beides beherrscht der BZ4X und auf seinem großen Zentraldisplay ist die Darstellung auch brillant und bestens lesbar. Ein Soundsystem von JBL sorgt für den richtigen Rumms bei Musik. Alles kann bequem über die Funktionstasten am Lenkrad bedient werden, sodass man selten die Hände vom Lenkrad nehmen muss.
Fahreindruck
Der BZ4X besitzt einen zuschaltbaren Eco-Modus, der die Leistung begrenzt. Die Rekuperation ist mit einem Taster in der Mittelkonsole wechselbar. Im höheren Modus hat man zwar kein One-Pedal-Feeling, aber die Verzögerung ist so, dass man sie nach kurzer Eingewöhnung gut zum gezielten Heranbremsen nutzen kann. Die Lenkung fühlt sich ein wenig zäh an, ist allerdings außerordentlich präzise. Interessant wird es, inwieweit sich das mit der ab 2023 erhältlichen Steer-by-Wire-Lenkung ändern wird. Mit seinem vergleichsweise kleinen Wendekreis von 11,4 Metern ist der Toyota auch in der Stadt ein zuverlässiger Sparringspartner.
Mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 6,9 Sekunden liefert er auf dem Papier solide Leistungen ab. Gefühlt geht der Toyota aber deutlich schneller, vor allem bei den entscheidenden Spurts auf der Landstraße. Das Handling ist präzise, in engen Kurven macht sich allerdings naturgemäß das Gewicht bemerkbar. Bodenwellen und Speedbumps federt der BZ4X gut ab, unebene Straßen sind allerdings zu spüren. Die Lautstärke im Innenraum ist völlig in Ordnung. Auch ohne extra gedämmte Scheiben ist es angenehm ruhig und bis hin zur Autobahngeschwindigkeit frei von lästigen Windgeräuschen. Die Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h ist bei allen Versionen gleich. Der Fronttriebler braucht bis auf 100 km/h eine gute halbe Sekunde länger.
Auf einem speziell vorbereiteten Kurs ließen sich auch die Geländefähigkeiten des BZ4X erproben. Dabei meistert der Toyota heftige Verschränkungen und ließ sich dank seiner Wattiefe von 50 cm auch nicht von einer entsprechenden Wasserdurchfahrt abschrecken. Ob ein BZ4X im Alltag jemals solche Hindernisse sehen wird, ist eine ganz andere Frage. Es ist aber beruhigend, zu wissen, dass das machbar ist.
Preise
Der preisliche Einstieg beginnt bei 47.490 Euro für den Fronttriebler. Für einen Aufpreis von 3.900 Euro sollte man sich auf jeden Fall das Komfortpaket gönnen. Dieses beinhaltet Annehmlichkeiten wie die 360° Kamera, Sitz- und Lenkradheizung sowie die elektrische Heckklappe. Für nochmals 3.700 Euro mehr bekommt man das Technikpaket. Hier sind dann Matrix-LED-Scheinwerfer, Sitzbelüftung vorne sowie Sitzheizung hinten und das JBL-Soundsystem an Bord. Das lichtspendende Panoramadach schlägt mit 1.900 Euro zu Buche. Die Allradversion gibt es aktuell nur in Vollausstattung, hier stehen dann nochmals 3.000 Euro mehr auf der Rechnung. In der Summe landet man dann bei 59.990 Euro. Allerdings will Toyota die Hemmschwelle mit ansprechenden Leasingraten senken. Für Privatkunden startet das Vergnügen bei 329 Euro pro Monat inkl. Wartung. Gewerbliches Leasing beginnt bei 364 Euro.
Fazit
Man fährt entspannt und recht lässig im Toyota, egal ob in der Stadt oder auf längeren Strecken. Die Sitzposition ist lässig, das Raumgefühl gut. Über die kleinen Unzulänglichkeiten im Innenraum kann man schnell hinwegsehen und bekommt dann ein geräumiges Elektroauto mit Langstreckenpotenzial. Wir wünschen uns, dass Toyota bei der Software noch ein bisschen nachlegt und die Navigation in Sachen Laden schlauer macht. Bis dahin helfen wir uns mit Lösungen auf dem Smartphone. Wie sehr Toyota auf seinen Wurf vertraut, beweist die Tatsache, dass man in den Genuss von bis zu zehn Jahren Garantie auf die Batterie bei einer Laufleistung von bis zu 1.000.000 Kilometer kommt. Davor ziehen wir den Hut.