Es war eine recht lange Wartezeit. Mehr als drei Jahre sind seit der Ankündigung Nissans vergangen, den Ariya auf den Markt zu bringen. Jetzt aber ist es soweit. Im Herbst werden die ersten Fahrzeuge ausgeliefert.

Angeboten wird der Nissan Ariya mit zwei unterschiedlichen Batterien, die eine Kapazität von entweder 63 oder 87 kWh (netto) haben. Bei den Fronttrieblern haben Kunden die Wahl zwischen E-Motoren mit einer Leistung von 160 oder 178 kW (218 oder 242 PS) und jeweils 300 Newtonmetern (Nm). Der vermutlich Anfang 2023 folgende Allradler bekommt  den großen Akku und 225 kW (306 PS) Leistung und 600 Nm. Den Standardsprint absolviert der Nissan Ariya in 7,5 beziehungsweise 7,6 Sekunden, 5,7 Sekunden sind es beim AWD. In der Spitze sind laut Datenblatt 160 oder beim AWD 200 Kilometer pro Stunde möglich. Die unterschiedlichen Reichweiten des zwischen 1,8 und 2,3 Tonnen schweren Ariya gibt Nissan für die Modelle mit Vorderradantrieb mit  bis zu 403 für das  Basismodell und mit bis zu 530 Kilometern für den Akku mit mehr Kapazität an. Bis zu 500 Kilometer sollen es bei der Version mit Allradantrieb sein.

Das Einstiegsmodell ist serienmäßig lediglich mit einem einphasigen 7,4-kW-On-Board-Lader ausgerüstet. Da muss eine Menge Zeit mitgebracht werden, um die Batterie mit neuer Energie zu versorgen. Auf Wunsch und zu einem mächtigen Aufpreis von 2.500 Euro  gibt es die dreiphasige Ausführung, die  22 kW transportieren kann. Damit dauert es laut Nissan 3,5 Stunden um den Akku von zehn auf 100 Prozent zu laden, fünf Stunden sind es bei der größeren Batterie, die ohne Aufpreis mit einem 22 kW-Lader kombiniert ist. Doch auch Schnellladen mit Gleichstrom ist möglich. Dann dauert es 28 beziehungsweise 30 Minuten, um die Batterie von 20 auf 80 Prozent zu laden.

Während der Fahrt ermittelt der Routenplaner des mit TomTom kombinierten Navigationssystems die Verfügbarkeit von Ladestationen und die verbleibende Restkapazität. Zwar kann der Akku vorkonfiguriert werden,  um die Wohlfühltemperatur fürs Laden zu erreichen. Doch automatisch passiert das nicht. Etwa 30 Minuten bevor die  anvisierte Ladestation erreicht wird, muss der Vorgang manuell  gestartet werden. Und das mit mehreren Schritten über den Touchscreen. Das ist kompliziert und sollte dringend geändert werden.

Wenn die Software dafür überarbeitet werden sollte, könnte ein weiterer Kritikpunkt in einem Zug beseitigt werden. Denn die Klimaanlage hat ebenfalls ihre Tücken. Mit dem Berühren des Symbols für die Automatik der Temperaturregelung schaltet sich automatisch die Belüftung der vorderen Sitze ein. Die wiederum muss dann händisch über ein kleines Symbol auf dem Screen zunächst angewählt, dann ausgeschaltet werden. Wer wohl auf diese Idee gekommen ist?

Die Gestalter des Innenraums indessen haben alles richtig gemacht. Hier wirkt alles hochwertig und durchdacht. Das gilt auch für die Bedienleiste für die Klimaanlage. Statt Tasten gibt es Symbole, die auf einer edlen Leiste in anthrazitfarbenere Holzoptik liegen. Diese Leiste zieht sich vom Fahrerplatz bis zur rechten Seitentür unterhalb des eigentlichen Armaturenträgers. Beim Berühren eines Symbols gibt es eine haptische Rückmeldung. 

Die  beiden zusammenhängenden 12,3 Zoll großen hochauflösenden TFT-Displays für das Kombiinstrument und das Infotainmentsystem geben einen guten Überblick und sind auf den Fahrerplatz ausgerichtet. Für die Lautstärkeregelung ist ein zentral angeordneter Drehschalter unterhalb des rechten Bildschirms platziert. Das mit Leder bezogene  Multifunktionslenkrad ist beheizbar und liegt gut in der Hand. Elektrisch verstellbar, beheizbar und – wie beschrieben zu belüftend – sind die vorderen Sitze. Die Polsterung ist gut, so dass auch die längere Fahrt bequem zurückgelegt werden kann.

Das gilt ebenso für die Rücksitze, von denen die beiden äußeren ebenfalls beheizbar sind. Zudem gibt es im Fond  massig Platz für Füße, Beine und Ellenbogen. Und auch über dem Kopf ist reichlich Luft. Viel Licht kommt von oben, wenn das Panorama-Glasschiebedach bei der Bestellung für 2.000 Euro angekreuzt wird.

Geschickt gelöst haben die Innenraumdesigner das Thema Mittelkonsole, die lediglich den Raum zwischen den beiden Sitzen beansprucht. Der Fußraum wirkt so sehr luftig und geräumig. Nicht nur, dass in diesem Möbel die  Ladeschale für das Mobiltelefon untergebracht ist. Auf der Oberfläche – wieder in Holzoptik – sind Symbole unter anderem für die Wahl der Fahrmodi oder des  e-Pedal angesiedelt. Direkt davor liegt der als Handschmeichler gestaltete Wählhebel für den Fahrbetrieb. Der eigentlich Clou aber ist, dass die komplette Konsole auf Knopfdruck ein paar Zentimeter vor- oder zurückgefahren werden kann.

 Elektrisch öffnet serienmäßig auch die große und ausreichen weit nach oben schwingende Heckklappe. Der Kofferraum fasst bei der Version mit Frontantrieb 468 Liter (415 sind es beim Allradler). Bei umgeklappten hinteren Lehnen erweitert sich das Raumangebot auf einer topfebenen Fläche bis auf maximal 1.775 Liter. Unter dem Ladeboden liegen weitere Staufächer für Ladekabel und anderen Kleinkram. Zwei separate Deckel erleichtern hier den Zugriff. Mit der optional erhältlichen Anhängerkupplung kann eine Last von 750 Kilogramm (1,5 Tonnen beim AWD) gezogen werden.

Optisch wirkt der Nissan Ariya eher futuristisch. Die Karosserie des Crossover ist glattflächig und mit einer nach hinten abfallenden Dachlinie gezeichnet. Das gibt dem   Ariya ein coupéhaftes und gestrecktes Äußeres. Die mächtige Front wird von feinen Lichtleisten und Lufteinlässen durchbrochen. Bei einer dunklen Lackierung hilft das aber kaum, um den dann extrem bulligen Auftritt zu kaschieren. Ein heller Farbton gibt dem  Wagen ein etwas feineres Aussehen.

Mit einer Länge von 4,60 Metern, einer Breite von 1,85 Metern und einer Höhe von 1,66 Metern ist der Nissan Ariya eindeutig ein Vertreter der Kompaktklasse. Der Radstand beträgt 2,78 Meter. Wie der Renault Mégane E-Tech nutzt auch der Nissan Ariya  die neue CMF-Plattform der Allianz. Die im Boden liegende Batterie baut um 33 Prozent flacher als beim Leaf. Der tiefe Schwerpunkt, die gute Gewichtsverteilung zwischen den Achsen sowie die gelungene Abstimmung von Federung und Dämpfung führen zu einem tadellosen Fahrverhalten.  Das zeigte sich während der ersten Testfahrten in der einen oder anderen zügig anvisierten Kurve  sowie bei bewusst herbeigeführten schnellen Ausweichmanövern. Dabei bleibt der Ariya sauber und problemlos in der Spur, zeigt kaum Wankbewegungen und reagiert direkt auf Lenkanweisungen. Und das schon im Comfort-Modus. Wird  auf Sport gestellt – zudem gibt es noch Eco – spricht das Beschleunigungspedal eher an und das Fahrwerk wird spürbar straffer. Generell stand aber der Komfort beim Fahrverhalten klar im Vordergrund. Schlechte  Fahrbahnabschnitte bewältigt der Ariya souverän. Eine gute Dämmung führt dazu,  dass Wind- und Abrollgeräusche kaum im Passagierabteil wahrzunehmen sind.

Für das erste Kennenlernen des Nissan Ariya stand die 160 kW starke Basisversion bereit. Mit der geht es tatsächlich schon sehr flott voran. Einschränkend ist aber zu sagen, dass wir auf schwedischen Straßen mit drastischen Geschwindigkeitsbeschränkungen  zwischen Tempo 40 und maximal 110 unterwegs waren. Auch deshalb zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 13,9 kWh für 100 Kilometern nach etwas mehr als 90 Kilometern gefahrenen an. Als WLTP-Wert nennt Nissan 17,6 kWh. Obwohl  in Deutschland flotter gefahren wird, sollte es durchaus praktikabel sein, diese Marke zu erreichen. Und mit der zweiten Leistungsstufe, die mit der dann größeren Batterie kombiniert ist, sollte der Verbrauch nur unwesentlich höher ausfallen. 

Der Einstiegspreis für den Nissan Ariya liegt bei 47.490 Euro. Nach Abzug der  Mehrwertsteuer liegt der Wagen damit im Förderungsrahmen, so dass es 9.500 Euro Prämie gibt. Der Ariya mit dem größeren Akku und mehr Leistung startet bei  56.990 Euro, die Allradvariante bei 59.990 Euro.

Serienmäßig ist schon die Basisversion recht umfangreich bestückt. Unter anderem sind Wärmepumpe, ein Mode-3-Ladekabel, Audio- und Navigationssystem, Sprachassistent, drahtloses AppleCar Play, Rückfahrkamera, USB-A und C-Eingänge vorne und hinten, LED-Ambientebeleuchtung, asymmetrisch geteilte Rücksitzbank, 19-Zoll-Aluräder mit  235/55er-Reifen (20-Zoll-Felgen mit 255/45er-Pneus als Option, elektrisch bedienbare Heckklappe und LED-Lichtanlage vorhanden. Ebenfalls im Preis inbegriffen ist eine achtjährige Garantie auf die Batterie oder 160.000 Kilometer. 

 Da es derzeit laut Deutschland-Marketingchef Frank Niewoehner bereits fast 1.000 Vorbestellungen für das neue Flaggschiff der Marke gibt, dürfte das Lieferkontingent für 2022 vermutlich erschöpft sein.