Mit dem Ioniq 6 bietet Hyundai eine elektrisch angetriebene Limousine mit Coupécharakter an. Bei der Fahrvorstellung gab es gute Noten für den Viertürter. Doch wie schlägt sich der Wagen im Praxisalltag? Richtig gut, so viel schon mal vorweg.
In einer Welt, in der die Elektromobilität zunehmend an Bedeutung gewinnt, setzt der Hyundai Ioniq 6 neue Maßstäbe in Bezug auf Design, Leistung und Effizienz. Mit seinen imposanten Abmessungen, einer fortschrittlichen Antriebstechnologie und einem beeindruckenden Innenraumkonzept bietet dieser Wagen mehr als nur eine umweltfreundliche Fortbewegungsalternative. Er verbindet die Ästhetik eines modernen Elektrofahrzeugs mit der Funktionalität und dem Komfort, die man von einem Premiumauto erwartet. In diesem Artikel nehmen wir den Ioniq 6 genauer unter die Lupe, um herauszufinden, ob er hält, was er verspricht.
Mit einer Länge von 4,86 Metern und einer Breite von 2,07 Metern inklusive Spiegeln ist der Ioniq 6 alles andere als ein kleines Auto. Wer sich für eine Auto mit diesen Maßen entscheidet, der ist vermutlich auch häufiger auf der längeren Strecke unterwegs. Und dabei sind nun einmal gerade bei E-Fahrzeugen Verbrauch und Ladeperformance zwei entscheidende Faktoren. Und – nicht nur – in dieser Hinsicht haben die Entwickler des koreanischen Herstellers tatsächlich einen tollen Job gemacht.
Effizienz auf der Straße: Verbrauch und Reichweite im Test
Ausgestattet war der Testwagen mit einer 168 kW (229 PS) starken E-Maschine, Heckantrieb und einer Batterie mit einer Netto-Kapazität von 77,4 kWh. Eine Kombination, mit der sich der Ioniq 6 als tadelloser Reisewagen entpuppt. Gut, die vom Hersteller angegebenen mehr als 600 Kilometer Reichweite sind bei der Fahrt auf der Autobahn kaum zu schaffen. Allenfalls dann, wenn es im Windschatten von Lkw voran geht. Das aber haben wir bei unserem Verbrauchstest auf der langen Strecke nicht gemacht. Nach einer Gesamtdistanz von mehr als 2.000 Kilometern kreuz und quer durch die Republik zeigte der Bordcomputer eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde an. Angesichts vieler Bnaustellen und Tempobeschränkungen durchaus beachtlich. Auf der freien Strecke war der Tempomat auf 137 fixiert, beim Überholen zeigte der Tacho mehrfach die Marke 150 an. Und über zweimal jeweils knapp 15 Kilometer durfte der Ioniq 6 unter Volllast – also mit 185 Kilometern pro Stund – zeigen, was in ihm steckt. Trotz dieser keinesfalls zurückhaltenden Fahrweis hat sich ein Durchschnittsverbrauch von 20 kWh ergeben. Beim Start mit voll geladenem Akku sind damit fast 400 Kilometer machbar, ehe der Ioniq 6 wieder an die Ladesäule muss. Das alles bei Temperaturen zwischen acht und 16 Grad sowie vielen Schlechtwettertagen mit Regen. Soll heißen, die Sitzheizung war quasi immer eingeschaltet, der Scheibenwischer sehr häufig. Vor diesem Hintergrund sind 20 kWh ein eindrucksvoller Wert. Bei konstanter Fahrt mit Tempo 100 reduziert sich der Verbrauch auf 16,8 kWh, bei Tempo 120 sind es 18,9 kWh.
Wird der zwei Tonnen schwere Hyundai überwiegend in der Stadt oder auf kurzen Landstraßenabschnitten mit vielen Rekuperationsphasen bewegt, begnügt sich die Limousine mit 15,8 kWh. Das ist dann schon sehr nahe am angegebenen WLTP-Wert von 14,3 kWh.
Schnelles Auftanken: Ladevorgang und Ladeinfrastruktur
Geladen werden kann der mit 800-Volt-Technologie bestückte Ioniq 6 entweder mit einem Elf-kW-Onboardlader oder an Schnellladestationen. Von zehn auf 100 Prozent dauert es etwas mehr als sieben Stunden, um den Akku an der heimischen Wallbox mit neuer Energie zu versorgen. An der Schnellladestation mit 350 kW dauert es laut Hyundai 18 Minuten, um den Akku von zehn auf 80 Prozent mit neuer Energie zu versorgen. In der Praxis waren es im Idealfall einmal 13 Minuten, um von 27 auf 82 Prozent zu laden. Dabei ist die Ladekurve schon beeindruckend. Schnell geht es hoch bis auf 230 kW und mit dieser Leistung wird geladen bis der Akku etwa 45 Prozent seiner Kapazität erreicht hat. Dann reduziert sich der Stromfluss langsam. Bei 70 Prozent zeigt die Ladesäule noch immer mehr als 100 kW an. Bei einer derart rasanten Energieaufnahme sind die Ladestopps entsprechend kurz, die Reisezeit auch aufgrund der keinesfalls eingeschränkten Geschwindigkeit in einem Rahmen, der keinen Vergleich mit Verbrennerfahrzeugen scheuen muss.
Die Routenplanung über die Navigation ist hinsichtlich der notwendigen Ladestopps absolut in Ordnung. Schon beim Start kommt der Hinweis, dass die Energie in der Batterie möglicherweise nicht ausreicht, um das eingegebene Ziel zu erreichen. Allerdings werden über das System auch Stationen vorgeschlagen, die besetzt sind oder eine geringe Leistung haben. Um genaue Details zu erfahren, muss die Info über das Touchscreen angefordert werden. Der Icon dafür ist eher klein und somit während der Fahrt nicht leicht zu treffen. Das lenkt unnötig ab.
Fahrerlebnis und Komfort: Ein Auto, das begeistert
Wenn’s um den Komfort geht, hat der Ioniq 6 im Innenraum ebenfalls viel zu bieten. Coupécharakter, das bedeutet häufig eingeschränkte Platzverhältnisse. Nicht so in diesem Fall. Die Passagiere haben aufgrund des Radstands von 2,95 Metern auf allen Plätzen jede Menge Raum. Bein- und Kopffreiheit sind auch im Fond trotz der Höhe von 1,50 Metern bestens. Das gilt selbst dann, wenn Fahrer oder Beifahrer mit einer Körpergröße von 1,85 Metern sich bequem einrichten.
Die elektrisch verstell- und beheizbaren Sitze sind speziell für das vollelektrische Fahrzeug entwickelt und etwa 30 Prozent schmaler als in herkömmlichen Modellen. Der Bequemlichkeit und dem Seitenhalt tut das keinen Abbruch. Auch nach vielen Kilometern Fahrt bleibt der Wohlfühlfaktor erhalten. Die Kopfstützen lassen sich gut an die jeweilige Körpergröße anpassen. Und beim Laden können die Sitze wie in der Business-Klasse im Flugzeug zum Entspannen in eine Art Liegestellung gefahren werden.
Bei der Materialauswahl – Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle – und der Gestaltung haben die Entwickler ein feines Gespür für Hochwertigkeit bewiesen. So sind die Innenseiten der Türen beispielsweise bis auf den Griff frei von jedweden Tasten oder Schaltern. Das schafft Klarheit. Kritik ist allerdings an den Türfächern zu üben. Die sind deutlich zu klein. Einliter-Flaschen aus festem Material lassen sich nicht unterbringen. Bei Kunststoff-Behältnissen, die nicht mehr komplett gefüllt sind, ist Kraft gefordert, um sie mühsam in das Fach zu drücken. Eine Ausbuchtung an einer Stelle wäre leicht machbar gewesen.
Dafür haben die Designer bei der Gestaltung des Armaturenträgers alles richtig gemacht. Das 12,3 Zoll große digitale Cockpit geht quasi übergangslos in
das ebenso große Infotainment-Display über. Ein separates Bedienfeld für die Klimaautomatik liegt direkt darunter, das Fach fürs induktive Laden des Smartphones schließt sich an. Auf der mit Staufächer ausgestatteten Mittelkonsole haben die Designer griffgünstig die Schalter für die elektrischen Fensterheber untergebracht. Das unten abgeflachte Multifunktionslenkrad liegt gut in der Hand, die integrierten Wahltasten sind leicht mit dem Daumen zu erreichen. Und es gibt einen manuellen Regler für die Lautstärke. Hier liegt also alles in Sicht- und Reichweite.
Nervig indessen ist der Aufmerksamkeitsassistent. Da kann es sein, dass bei wenig Verkehr, gleichmäßigem Tempo und extrem wenigen Lenkbewegungen bereits nach 15 Minuten der erste Hinweis auf eine eventuell notwendige Pause kommt. Abstellen lässt sich der Assistent leider nicht.
Nicht ohne Kritik ist der Blick auf das 401 Liter große Ladeabteil. Zum einen ist die Öffnung zum Be- und Entladen nicht wirklich groß. Zum anderen ist der Kofferraum im oberen Bereich mit einigen Ecken und Kanten versehen. Größere Gegenstände lönnen deshalb nicht so einfach verstaut werden. Sind lediglich die beiden vorderen Plätze besetzt, lassen sich die hinteren Lehnen vorklappen. Dann aber muss eine Stufe überwunden werden. Das Durchschieben von Koffern oder Getränkekisten ist deshalb nicht möglich. Die maximale Zuladung von 425 Kilogramm sollte deshalb kaum zum Problem werden.
Unter der Haube gibt es einen Frunk, der stattliche 45 Liter fasst. Hier passt also weit mehr hinein als nur das Ladekabel. Auf Wunsch ist eine Anhängerkupplung zu haben. 750 Kilogramm (gebremst 1,5 Tonnen) können an den Haken benommen werden. Die Stützlast beträgt 100 Kilogramm.
Ein Design, das polarisiert: Der optische Auftritt des Ioniq 6
An der Optik des Ioniq 6 scheiden sich die Geister. Daumen hoch oder Daumen runter, dazwischen gibt es nichts. Das gilt vor allem für die in mehreren Ebenen unterteilte Heckansicht. Ein Spoiler mit Winglets und einem feinen Lichtband, das beim Bremsen aufleuchtet, zieht sich ansatzlos aus dem Heckfenster. Ein paar Zentimeter tiefer wölbt sich ein zweiter kleinerer Spoiler aus dem Blech. Direkt darunter haben die Designer eine Lichtleiste über die gesamte Fahrzeugbreite platziert. Das Mittelteil der Leiste klappt mit dem Kofferraumdeckel beim Öffnen nach oben. Die Unterkante der Klappe endet vor einer weiteren scharf gezogenen Linie ehe es dann in den eigentlichen Stoßfänger übergeht. Das alles trägt ebenso wie die gerundete Heckstruktur und die vertikalen Einfassungen der Leuchten auf beiden Seiten des hinteren Stoßfängers zur Aerodynamik bei. Das gilt auch für die stromlinienförmig gezeichnete Außenhaut mit einer flach gezogenen Frontpartie und dem Dach, das sich in einem spannungsreichen Bogen bis über die Hinterachse erstreckt. Das alles trägt zu einem herausragenden cW-Wert von 0,21 und damit zu den beschriebenen guten Verbrauchswerten bei.
Da Technologie und Ergonomie überwiegend Bestnoten erhalten, bleibt unterm Strich jede Menge Lob für den Hyundai Ioniq6 – zumindest für diejenigen, die bei der Optik den Daumen nach oben halten.