Elektromobilität hat viele Vorteile, unter anderem den, dass gänzlich neue Player auf den Markt kommen und das Automobil neu interpretieren. Einer dieser Neuzugänge ist die Firma Bollinger Motors mit ihrem B1. Das kantige Gefährt ist für uns schlicht die Neuinterpretation dessen, was der Defender mal war. Ein Utility-Gefährt mit verdammt viel Sex-Appeal. Minimalistisch, aber begehrenswert.
Verbeugen wir uns vor dem Team, dass den Mut hatte, diese Karosse zu entwerfen. Okay, es waren offensichtlich nur ein paar Striche, aber genau dieser Minimalismus hat dem Defender von Land Rover seine Seele gegeben und verschafft der G-Klasse von Mercedes auch heute noch ihre Glaubwürdigkeit. Beide Protagonisten können jetzt zur Seite rücken, denn hier könnte der neue Platzhirsch kommen, der junge Wilde im Revier.
Bollinger Motos kannte bislang kein Mensch, aber dennoch haben es die Newcomer aus Hobart, New York, geschafft, die Möglichkeiten der Elektromobilität in ein Gefährt kaltzuformen, dass erst einmal seinesgleichen sucht. Klar, die Linie ist so was von geklaut, dass es den Patentanwälten von Land Rover, mithin also Tata eigentlich nur so in den Füllfederhaltern jucken dürfte, aber lassen wir die Jungs doch mal, denn sie haben das Konzept echt weiter gedacht.
Das Wichtigste zuerst: Der Bollinger B1 ist natürlich elektrisch, vollelektrisch. Batterien mit 60 und 100 kWh sollen für Reichweiten bis zu 200 Meilen gut sein, also etwa 320 Kilometer. Nicht rekordverdächtig, aber für so ein Gefährt mehr als ausreichend. Die Domäne des B1 sind Feld, Wald und Wiese. Mit zwei Motoren, einem vorne, einem hinten, und somit Allradantrieb ist er auch für unwegiges Gelände gerüstet. Etwa 360 PS liegen bei Vollast an und das beflügelt den Bollinger, der vermutlich einen Cw-Wert in der Größenordnung eines Überseecontainers haben dürfte, zum Spurt auf die 100er-Marke in etwa 4,5 Sekunden. Die Bodenfreiheit sol sich zwischen 25 und 50 Zentimetern variieren lassen, was extrem viel Spaß im Gelände verspricht. Geladen wird entweder flott per ChaDeMo in 45 oder 75 Minuten oder entsprechend langsamer an einem Level-2-Ladegerät.
So weit, so technisch. Aber in Sachen Funktionalität haben sich die Jungs aus Hobart nicht lumpen lassen. Der B1 ist wahlweise Full oder Half Cab. Das sagt dem Deutschen erst mal nichts, die Bilder sprechen aber Bände. Im Inbusschlüsselumdrehen wird aus dem veritablen Viersitzer nämlich ein puristischer Pickup. Hintere Dachhälfte abschrauben, Seitenscheiben abschrauben, die klappbaren, hinteren Sitze ausbauen und dann noch die Heckscheibe hinter den vorderen Sitzen montieren, fertig. Mehr Variabilität? Gerne. Wo vorne bei anderen Autos der Motor steckt, befindet sich hier Laderaum und durch den kann man bequem bis auf die Ladefläche durchladen. So bekommt der Schreinermeister auch die längsten Latten locker ans Ziel. Bei welchem Auto kann man schon von vorne nach hinten hindurchschauen? Eben. Noch mehr Funktionalität? Zwei Steckdosen im Laderaum erlauben den Anschluss von Werkzeugen oder auch mal eben die Stromversorgung der Hütte in den Bergen.
Was ist ein Geländewagen? Ein Auto fürs Gelände. Macht das elektrisch Sinn? Absolut. Warum die Natur mit Abgasen und Lärm belästigen, wenn es auch anders geht. Leise durch die Wälder säuseln, bei geöffneten Scheiben jedes Geräusch wahrnehmen und dennoch mit satter Leistung jedes Hindernis überwinden – dafür ist der B1 vermutlich wie gemacht. Dass dennoch auch das eine oder andere Exemplar zwischen Dubai und Düsseldorf auf Parkplatzsuche kreisen dürfte, sei ihm großzügig verziehen. Ach ja, einen Preis für den B1 gibt es leider noch nicht. Angesichts der Akku-Kapazitäten dürfte der nicht wirklich günstig sein, aber lassen wir uns doch einfach überraschen, wie auch mit dem B1 selbst.
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