Mit dem EX30 betritt Volvo Neuland – in preislicher Hinsicht. Nicht nur, dass der Neuzugang der günstigste Volvo ist, den man zurzeit kaufen kann, er ist auch günstiger als die Verbrennervarianten des XC40. Bei 36.590 Euro beginnt der Einstieg in der Single Motor Variante. Wir konnten den kompakten Schweden in und um Barcelona bereits fahren.
In und um Barcelona konnten wir den Volvo EX30 bereits testen, sowohl als Hecktriebler wie auch in der Allradvariante
Wer sich intensiv mit Elektromobilität beschäftigt, weiß, dass Volvo mit dem chinesischen Geely-Konzern verbandelt ist, ebenso wie die Marken smart und Zeekr. Und in modernen Zeiten wundert es da nicht, dass verschiedene Marken gemeinsame Plattformen nutzen. So teilt sich der Volvo einiges an Technik mit dem smart #1, aber auch dem ZeekrX. Letzterer spielt hierzulande noch keine Rolle, während smart gerade die Kehrtwende vom 2,70 winzigen Kleinwagen zum ausgewachsenen SUV vollführt hat. Ein spannendes Umfeld also.
Im Interieur gibt es nur einen großen zentralen Touchscreen. Hier wird auch die Geschwindigkeit angezeigt
Design
Zurück zum Volvo, bekanntlich spielt das Design bei der Wahl des Autos immer noch eine wichtige Rolle und da kann man dem EX30 keine Vorwürfe machen. Die Silhouette macht der Marke durchaus alle Ehre und vorne findet sich auch die übliche Lichtsignatur mit „Thors Hammer“ – im aktuellen Einheitsbrei der durchgehenden Lichtlinien eine willkommene Abwechslung. Hinten gibt es dagegen eher „Lichtklammern“, die ein wenig an Polestar erinnern. Seitlich der Heckscheibe sind weitere Leuchteneinheiten integriert, hätte man diese nahtlos an die darunter liegenden Lichter anschließen lassen, hätte sich sogar eine Lichtsignatur wie im XC90 oder XC 60 ergeben – hat man aber nicht.
Nichtsdestotrotz ist der Volvo ein gelungenes Auto mit Charakter und Wiedererkennungswert. Das setzt sich auch im Innenraum fort. Unterschiedliche Innenausstattungen, einige für unser Empfinden etwas eleganter, die anderen sehr ökologisch angehaucht, verleihen dem EX30 einen individuellen Charakter. In den Türen, die übrigens sehr schöne gemachte Türgriffe haben, hat man sehr viel Stauraum, was auch daran liegt, dass hier – wie sonst üblich – keine Lautsprecher untergebracht sind.
Praktisch: Im Frunk hat man Dinge wie das Ladekabel stets zur Hand
Eine große Ablage zwischen den Sitzen ist mit einer zweiten Ebene weiter strukturiert, hier finden sich auch die USB-C-Ports. Zwei Telefone können – gut sichtbar – abgelegt werden, von denen das linke dann auch induktiv geladen wird. In der Armlehne verbirgt sich ein weiteres Staufach, dass durch einen Auszug zu zwei Cupholdern wird. Alles sehr clever gelöst. Hat man die Cupholder in Benutzung, kommt man allerdings nur sehr schwer an die untere Ablage heran. Das zentrale Handschuhfach öffnet sich per Bildschirmmenü – nicht jedermanns Sache aber auch durchaus sinnvoll, da man es bei ausgeschaltetem Auto nicht öffnen kann. Die Fensterheber sind leider ebenfalls in die Mittelarmlehne gewandert, ein zusätzlicher Umschalter ermöglicht die Steuerung der hinteren Fenster. Mehr zum Thema Bedienung gleich, wenn wir uns dem Infotainment widmen. Die hinteren Passagiere haben ebenfalls zwei USB-C-Ports zur Verfügung und bei kleinem Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz. Sitzen vorne ausgewachsene Personen, muss man sich irgendwie arrangieren.
Infotainment
Kommen wir zum Infotainment und da zunächst zu dem, was es nicht gibt, nämlich einen Fahrerdisplay. Wer wie gewohnt durchs Lenkrad blickt oder auch darüber, sieht, dass er nichts sieht. Ähnlich zum Model 3 hat man bei Volvo beschlossen, dass alle Informationen, auch Essenzielles wie die Geschwindigkeit oder Navigationsanweisungen auf einem großen Zentraldisplay auftauchen und sonst nirgends. Das ist zunächst irritierend, dann ablenkend. Nicht nur, dass man sich antrainieren muss, immer nach rechts unten zu schauen, es ist auch nicht so, dass relevante Informationen wirklich unübersehbar dargestellt werden. In der von uns gefahrenen Version, die noch der Vorserie entspricht, muss man sich erst einmal mit sehr vielen Informationen auf dem 12,3 Zoll großen Touchscreen arrangieren. Das geht nach einiger Zeit, ist aber dennoch eine Umgewöhnung und nicht wirklich ein Gewinn. Auch wer die bislang angenehm minimalistischen Benutzeroberflächen von Volvo kennt, wird sich hier nicht direkt zurechtfinden. Man muss eben, von der Spiegeleinstellung bis zu den Assistenzsystemen erst einmal die Menüstruktur erkunden, um die gewünschte Funktion zu finden. Traumhaft gut gelingt hingegen die elektrische Sitzverstellung für Fahrer und Beifahrer mit einem intuitiven Bedienelement an der Sitzseite – so soll es sein.
Das auf Android basierende Infotainment soll zur Markteinführung auch Apple CarPlay unterstützen
Das Medienangebot umfasst die üblichen Quellen von DAB über FM bis hin zu lokalen Quellen wir dem Smartphone. Ergänzend gibt es – das Infotainment basiert ja auf Android – diverse Apps für lokale Radiosender, Spotify etc. CarPlay und Android Auto gab es zum testzeitpunkt noch nicht, beides soll aber bei oder kurz nach Markeinführung verfügbar sein bzw. über ein OTA-Update nachgeliefert werden.
Soundbar statt Lautsprechern – das System von Harman Kardon kann klanglich voll überzeugen
Wir erwähnten ja, dass in den Türen keine Lautsprecher stecken, stattdessen hat Volvo dem EX30 eine Soundbar verpasst, wie man sie vom heimischen TV kennt. Über das komplette Armaturenbrett zieht sich eine Konstruktion mit Lautsprechern, die nicht nur auf dem Papier guten Klang und diverse Surroundmodi bietet, sondern im Alltag echt gut klingt.
Technik
Über die verbaute Technik und die verfügbaren Varianten haben wir ja bereits in Electric Drive 4.2023 berichtet. Das Einstiegsmodell, der EX30 Single Motor, kombiniert einen 200 kW starken Motor mit einer 51 kWh LFP-Batterie und erreicht eine WLTP-Reichweite von bis zu 344 Kilometern. Die kostengünstige und ressourcenschonende Batterietechnologie trägt zu einem attraktiven Basispreis bei. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h gelingt in 5,7 Sekunden.
In der Mittelablage „verstecken“ sich auch die Fensterheber
Das ausziehbare Staufach im EX30 wird bei Bedarf zum Cupholder
Die erweiterte Version, der EX30 Extended Range, steigert die Reichweite mit einem 69-kWh-NMC-Akku auf beeindruckende 480 Kilometer und beschleunigt in 5,3 Sekunden auf 100 km/h. Das Top-Modell, der EX30 Twin Motor Performance AWD, setzt mit zwei Elektromotoren und einem Systemdrehmoment von 400 Nm neue Maßstäbe. Es bietet nicht nur eine Reichweite von 460 Kilometern, sondern auch eine Rekordbeschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,6 Sekunden, was es zum schnellsten Volvo aller Zeiten macht. Die beiden letzteren Modell stranden uns auch zum Test zur Verfügung.
Fahreindruck
Genug theoretisiert, begeben wir uns auf die Straße. Wie bei solchen Events üblich, gibt es eine vorgegebene Route durch das hügelige Umland. Abgesehen von ein paar kurzen Autobahnetappen folgt Kurve auf Kurve, oft unterbrochen von den in Spanien üblichen Kreisverkehren. Das hat zwar nicht mit unseren Straßen hierzulande, geschweige denn dem normalen Autoalltag zu tun, erlaubt es aber immerhin, die Fahreigenschaften vollumfänglich zu bewerten. Zuerst sind wir die Variante mit zwei Motoren gefahren, im Anschluss dann den Hecktriebler.
Die Lenkung ist ausgesprochen präzise und direkt. Ein Umgreifen ist auch in engen Kurven kaum notwendig und die Beschleunigung aus der Kurve ist beim Allradler beeindruckend. Die 315 kW, also 428 PS ziehen den kompakten Schweden gleichmäßig an allen vier Ecken nach vorne. Wenn nicht schon die nächste Kurve lauern würde, könnte man jetzt hemmungslos bis zur Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h beschleunigen. Können wir aber nicht, stattdessen folgt eine Ortsdurchfahrt mit den hier überall obligatorischen Speedbumps. Allerdings weiß man nie genau, wie hoch diese ausfallen und so erwischt uns der eine oder andere doch etwas überraschend. Das steckt aber das Fahrwerk des EX30 ohne Murren weg. Obwohl der Volvo ohne Spielereien wie ein Luftfahrwerk auskommen muss, ist die Abstimmung so gelungen, dass es wirklich für jede Fahrsituation passt. Vom Auto selbst ist auch bei diesen Torturen kein Ächzen oder Knarren zu hören, wenn hier etwas Lärm macht, dann unser schlecht verstautes Gepäck.
Hinten sitzt man gut, aber naturgemäß nicht mit allzu viel Platz
Nachmittags geht es dann mit dem Heckantrieb weiter. Und dieser ist – um es vorwegzunehmen – in keinster Weise ein Downgrade, denn auch hier stehen 200 kW zur Verfügung. Klar, fehlt ihm der letzte Kick beim Beschleunigungsvorgang, aber das war es eigentlich auch schon. Mit 5,3 Sekunden benötigt er zwar knapp 2 Sekunden länger auf die 100er-Marke, aber mal ehrlich, wann braucht man das schon? Insgesamt ist der Single Motor Long Range sicher die Wahl der Vernunft für alle, die ein E-Auto für lange Strecken brauchen. „Blöd“ ist allerdings schon, dass Volvo den Allradler mit nur 3.100 Euro Aufpreis versehen hat. Die Versuchung, sich doch den Extrakick zu gönnen ist also groß. Die Rekuperation lässt sich bei allen Modellen leider nur über das Bildschirmmenü variieren – umständlich für alle, die mal gerne zwischen den verschiedenen Leveln wechseln wollen.
Bevor Fragen aufkommen: realistische Verbräuche, die das automobile Leben in unseren Gefilden abbilden, lassen sich bei solchen Fahrveranstaltungen selten erzielen. Im Hecktriebler waren es nach gut 100 km Distanz 17,9 kWh/100 km, der Allradler lag bei knapp 20 kWh, wobei die Topographie der Strecke eben auch dazu verführt, die vorhandene Leistung auszunutzen. Realistische Ladeleistungen liefern wir dann auch nach, wenn die ersten Testfahrzeuge zur Verfügung stehen.
Fazit
Von den gefahrenen Varianten ist der EX30 mit Heckantrieb sicher die vernünftigste Wahl. Wenn man sich dann die puristische „Core“-Ausstattung verkneift und stattdessen zur Variante „Plus“ greift, landet man bei rund 45.000 Euro und hat dafür ein – wie wir finden – ziemlich gutes Auto. Mit der Quasi-Vollausstattung „Ultra“ nähert man sich dann der 50.000er-Marke, muss aber auf nichts mehr verzichten – außer eben ein Fahrerdisplay.