Mit 30 kWh starkem Akku lässt sich der Nissan Leaf auch von großen Distanzen nicht schrecken

Mit dem neuen 30 kWh-Akku schließt der Nissan Leaf, das bestverkaufte Elektroauto der Welt, reichweitentechnisch zum Wettbewerb auf oder überflügelt diesen. Was hat der EV-Klassiker sonst so drauf?

Reichweite ist und bleibt eines der zentralen Themen der Elektromobilität. Nicht nur, weil die Ladeinfrastruktur in Deutschland immer noch inhomogen ist, sondern auch weil es einfach ein essentieller Bestandteil von Mobilität ist sich nicht ständig Gedanken um das „Ankommen“ zu machen. Mit dem 30 kWh-Akku, also faktisch einer Erhöhung um satte 25 Prozent gegenüber dem bisherigen Leaf mit 24 kWh, gehört das große Model (die kleine Variante ist weiter im Angebot) zu den komfortableren Lösungen auf dem hiesigen EV-Markt. Nissan gibt eine Reichweite von bis zu 250 Kilometern an, in der Realität blieben bei unserem Test davon etwa 210 Kilometer übrig.

Reichweite als Stilfrage

Wie weit man letztendlich mit den zur Verfügung stehenden Kilowattstunden kommt, hängt natürlich direkt mit dem Fahrstil, aber auch mit den zu absolvierenden Streckenprofilen ab. Die große Stunde des Leaf schlägt in der Stadt oder im direkten Umfeld. Hier kann er seine Rekuperationsfähigkeiten voll ausspielen, durch einen Tipp am Automatikwählhebel kann man zwischen den Betriebsmodi D und B variieren, im letzteren bremst der Leaf beim „Stromwegnehmen“ stärker mit dem Motor ab und speist dabei wieder Energie in den Akku ein. Perfektionisten können sich daraus einen Sport machen und je nach Verkehrslage zwischen beiden Modi variieren. Liegen längere Passagen mit konstanter Geschwindigkeit voraus, dann lohnt sich ein Tipp auf die „Eco“-Taste am Lenkrad. Dann fühlt sich das – pardon – Gaspedal, zwar brutal funktionslos an, in Verbindung mit dem Tempomaten lässt sich die gewünschte Geschwindigkeit aber recht gut halten. Eine Distronic wäre grandios, ist aber beim Leaf nicht konfigurierbar.

Im Interieur dominiert das charmant verspielte Display mit reichlich Information zu Ladezustand und Verbrauch

Im Interieur dominiert das charmant verspielte Display mit reichlich Information zu Ladezustand und Verbrauch

Auf der Langstrecke, und sei es nur die Autobahn zwischen zwei Metropolen, hängt die erzielbare Distanz natürlich direkt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Bis etwa 100 km/h korrespondiert die angezeigte Reichweite ganz gut mit der Realität, bei 120 hingegen klackern die Restkilometer schneller runter als die gefahrene Distanz rauf. Hier ist, neben dem Eco-Modus ein wenig Beherrschung gefragt, wenn lange Trips absolviert werden sollen.

Im Mix über zwei Wochen Nutzung mit viel Stadtanteil, aber auch längeren Autobahnetappen, erreichten wir einen Verbrauch von etwa 14,2 kWh auf 100 Kilometer. Das ergibt eine rechnerische Reichweite von gut 200 Kilometern, die sich sicherlich steigern lässt, wenn man dauerhaft auf Klimatisierung oder Heizung verzichten kann und möchte.

„Reichweitenangst kam während der zwei Wochen mit dem Leaf nie auf“

Einmal vollmachen bitte

Zur Wiederbefüllung stellt der Leaf Anschlüsse im CHAdeMO -Format und als Typ2-Verbindung zur Verfügung. In der ersten Variante lassen sich theoretisch Ladeströme bis zu 50 kW realisieren, der Typ2-Stecker erlaubt bis zu 22 kW. Im Test kam meist die Typ2-Variante zum Einsatz, dann war der nie ganz leer gefahrene Akku in knapp zwei Stunden wieder gefüllt. Mit dem beim 30kWh-Modell serienmäßigen CHAdeMO-Anschluss ginge das bei Verfügbarkeit natürlich in deutlich weniger als einer Stunde. Für lange Trips ist das meist keine Option, denn die Ladepausen muss man selbst bei vorsichtiger Nutzung dann etwa alle zwei Stunden bzw. 200 Kilometer einplanen, im städtischen Umfeld hingegen ist diese Kombination absolut praxistauglich. Meist lässt sich das Laden mit der vorhandenen Infrastruktur in den Tagesablauf einbauen, sei es beim Einkauf im Discounter, wo mehr und mehr Ladeplätze zur Verfügung stehen, oder im Test bei den strategisch gut verteilten Ladesäulen der Stadt Düsseldorf, die in zahlreichen Parkhäusern, auf frei zugänglichen Stellplätzen oder im Düsseldorfer Flughafen zu finden sind. „Reichweitenangst“ kam während der zwei Wochen mit dem Leaf nie auf, eher im Gegenteil. Der nach einem Trip zum Flughafen gut gefüllte Akku deckte meist den Mobilitätsbedarf für mehrere Tage. Ist übrigens gar keine spezielle Ladeinfrastruktur in der Nähe, dann lässt sich der Leaf natürlich auch an der Haushaltssteckdose laden, dann dauert der Spaß bei leerem Akku aber auch bis zu XX Stunden, das entsprechende Kabel muss zudem optional erworben werden.

Die 30 kWh-Variente ist serienmäßig mit CHAdeMO-ANschluss ausgerüstet und kann in 30 Minuten zu 80% wiederbefüllt werden

Die 30 kWh-Variente ist serienmäßig mit CHAdeMO-ANschluss ausgerüstet und kann in 30 Minuten zu 80% wiederbefüllt werden

Oldie but Goldie

Der Leaf hat zwar konstruktiv schon ein paar Jahre auf dem Buckel, macht aber im elektrischen Alltag eine hervorragende Figur. Das gut abgestimmte Fahrwerk ist ausgesprochen komfortabel, das Interieur zeitgemäß und die elektronischen Spielereien wie beispielsweise eine Online-Datenbank von Ladesäulen in der Nähe oder am Zielort ersparen den sonst oft notwendigen Griff zum Smartphone. Unser Testmodell war zudem mit dem hervorragend klingenden Soundsystem von Bose ausgerüstet, was die Zeit im Fahrzeug nochmals mehr zur „Quality Time“ macht. Beim Start ist übrigens standardmäßig ein künstliches Fahrgeräusch bei Vorwärtsfahrt bzw. ein leicht nutzfahrzeugmäßiges Piepsen im Rückwärtsgang aktiviert. Bei regem Fußgängerverkehr mag das sinnvoll sein, wir haben die akustische Inszenierung nach kurzer Eingewöhnung morgens schon beim Einsteigen deaktiviert, um so richtig in den Genuss des lautlosen Gleitens zu kommen. Was wir uns wünschen würden: Kleinigkeiten wie einen Parkpiepser, um beim Rangieren nicht immer auf den Monitor schauen zu müssen und weniger zufällig im Cockpit verteilte Schalter.

Ein paar der Schalter verbergen sich an eher unzugänglichen Stellen, ansonsten ist die Bedienung aber intuitiv

Ein paar der Schalter verbergen sich an eher unzugänglichen Stellen, ansonsten ist die Bedienung aber intuitiv

Fazit

Mit dem neuen 30 kWh-Akku taugt der Leaf für weit mehr als nur urbane Mobilität. Er bringt auch Pendler sicher ans Ziel und zurück oder liefert mal eben die Ausdauer für eine ganze Woche Alltagsverkehr.

In vielen Städten profitieren Fahrer eines EV wie des Nissan Leaf von Vergünstigungen in Sachen Parken

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