Nicht alles bleibt anders
Der Name Mustang stand bei Ford bisher für Sportwagen mit V8-Motoren. In Zukunft steht der Mustang mit dem Beinamen Mach-E wird rein elektrisch angetrieben. Zudem wird aus der zweitürigen Ikone ein viertüriger SUV mit Coupédach. Kraft und Agilität indessen erinnern durchaus an das Wildpferd mit Verbrennermotor.
Auch wenn sich die Optik des neuen Mustang ziemlich vom traditionellen Kult-Design abhebt, einige wenige Details haben die Gestalter doch übernommen: die typischen dreiteiligen Rücklichter, das coupéartig abfallende Dach und – den galoppierenden Mustang, der wie gehabt die Front ziert. Die aber ist neuerdings nicht mit einem Kühlergitter bestückt. Das Gesicht des 4,71 Meter langen, 1,88 Meter breiten und 1,62 Meter hohen E-Autos ist eine geschlossene Einheit.
Der Mach-E basiert auf einer komplett neu für rein elektrische Automobile entwickelten Fahrzeug-Architektur. Die Position der Batterien in der Bodengruppe zwischen den 2,98 Meter auseinander liegenden Achsen schaffen ein großzügiges Raumangebot. Das gilt für den Fond, wo großgewachsene Personen bequem sitzen können, ebenso wie für das Ladeabteil. Hier steht ein Volumen von 402 Litern zur Verfügung. Werden die Rücksitze nach vorn geklappt, erweitert es sich auf bis zu 1.420 Liter. Dazu kommen beim Mach-E noch zusätzliche 81 Liter Stauraum unter der Fronthaube. Hier ist die sogenannte Ford MegaBox installiert: Sie ist auswaschbar, verfügt über einen Wasserablauf und eignet sich somit insbesondere für nasse Sportbekleidung, schlammige Wanderstiefel oder sandiges Strand-Equipment. Die Ladekabel finden Platz unter einer Abdeckung im hinteren Ladeabteil.
Moderne Zutrittskontrolle
Überraschung: Der Mach-E hat keinen üblichen Türgriff. Die Türen werden mit eher kleinen Haken aufgezogen. Um ein Schloss zu entriegeln, muss zuvor ein Druckschalter betätigt werden. Außerdem lässt sich der Mustang Mach-E per Geheimzahl über ein Ziffernfeld in der B-Säule öffnen. Neu ist der digitale Schlüssel: Via Bluetooth entriegeln legitimierte Mobilgeräte die Türen. Selbst zum Starten des Autos muss weder ein Smartphone noch ein Schlüssel in die Hand genommen werden, denn die Eingabe eines separaten PIN-Codes auf dem zentralen Touchscreen macht den Wagen fahrbereit.
Auf Anhieb sticht der mittig vor dem Armaturenträger angesiedelte, mit 15,5 Zoll extrem große Hochformat-Touchscreen (39 Zentimeter) ins Auge. Darüber lässt sich die inzwischen vierte Generation des Kommunikations- und Entertainmentsystems Ford SYNC nach kurzer Eingewöhnung leicht bedienen. Über die bestens funktionierende Spracherkennung ist das ebenfalls möglich. Updates lassen sich per sicherer Datenübertragung kabellos aufspielen. Direkt vor dem Fahrer informiert eine übersichtliche, waagerecht verbaute 10,2-Zoll-Instrumententafel über den Status des Fahrzeugs und die Fahrt.
Drei Schritte der Mach(t)
Für den Mach-E bietet Ford drei Leistungsstufen, Heck- oder Allradversionen sowie zwei Batteriegrößen an. Einstieg in die elektrische Welt des Mach-E ist Version mit Heckantrieb und einem 269 PS (198 kW) starken E-Motor, der seine Energie aus einer Batterie mit einer Kapazität von 68 kWh (brutto 75,7 kWh) bezieht. Das Drehmoment liegt bei 430 Newtonmetern (Nm), der Stromverbrauch wird mit 17,2 kWh pro 100 km angegeben.
Wer 88 kWh (brutto 98,7 kWh) Kapazität in Verbindung mit dem Heckantrieb wählt, der bekommt eine E-Maschine mit 294 PS (216 kW). Bei identischem Drehmoment reduziert sich der Verbrauch auf 16,5 kWh. Das Basismodell ist auf Wunsch mit Allradantrieb und einem Dual-Elektromotor zu haben. Bei gleicher Leistung und Batteriekapaziät wächst das Drehmoment allerdings auf 580 Nm, der Stromverbrauch steigt auf 19,5 kWh. Spitzenversion der Modellpalette ist der über beide Achsen angetriebene Mach-E, mit dem starken Akku und 351 PS (258 kW), einem Drehmoment von 580 Nm sowie einem Normverbrauch von 18,7 kWh.
Geladen werden können die Batterien mit maximal 150 kW. Während es an der Haushaltssteckdose schon fast zwei Tage dauert, bis der leere Akku wieder voll geladen ist, reduziert sich die Zeit mit einer 11-kW-Wallbox auf etwa sechs Stunden. Weitaus schneller geht es natürlich an einer AC-Schnellladesäule: Dann steht in etwa zehn Minuten Energie für gut 100 Kilometer parat. In 45 Minuten soll der Akku von zehn auf 80 Prozent benötigen.
Unterhaltsame Helferlein
Zeitgleich mit dem neuen Mustang Mach-E feiert auf dem g Touchscreen die vierte Generation des Kommunikations- und Entertainmentsystems Ford SYNC ihr Debüt. Mit der neuen Version ist die Anpassung von mehr als 80 Fahrzeugfunktionen von Innenraumtemperatur über Sitzposition bis zur Ambiente-Beleuchtung möglich. Die mit dem System kompatiblen Smartphones und andere Endgeräte docken kabellos über Apple CarPlay2, Android Auto2 und AppLink an. Darüber hinaus bietet der Mustang Mach-E ab Werk die Möglichkeit zum induktiven Laden von Smartphones. Auf Wunsch gibt es ein B&O-Soundsystem mit zehn Lautsprechern.
Ford hat dem Mach-E eine Menge elektronische Helfer verpasst, serienmäßig wie auch optional. Die Intelligente Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Stop & Go-Funktion und Fahrspur-Pilot hält den gewählten Abstand zum vorausfahrenden Auto und hilft dem Fahrer, mit seinem Mach-E in der Mitte der Fahrspur zu bleiben. Im Stau hält System das Fahrzeug an und fährt automatisch weiter.
Der Aktive Park-Assistent (Option) mit Ein- und Ausparkfunktion und teilautomatisierter Fahrzeugführung erkennt Parklücken in Längs- und Querrichtung und manövriert das Auto hinein. Der Pre-Collision Assist mit Notbrems-Assistent reagiert rechtzeitig auf andere Fahrzeugen, Radfahrer oder Fußgänger. Reagiert der Fahrer nicht auf Warnsignale, betätigt das System automatisch die Bremsen. Der Fahrspur-Assistent mit Toter-Winkel-Assistent beobachtet den rückwärtigen Verkehr und greift bei Gefahr aktiv in die Lenkung ein, um den Fahrer zu warnen.
Komfortabler Spaßfaktor
Für unseren Test konnten wir einen Mach-E ausprobieren. Nach WLTP soll die Topversion eine Reichweite von 540 Kilometer schaffen, was 16,3 kWh pro 100 km entspricht. Mit viel Kontrolle im rechten Fuß sollte es tatsächlich möglich sein, auf Werte zwischen 17 und 18 kWh zu kommen. Genauere Angaben sind ohne eigenes Nachladen nicht möglich, da der Bordcomputer keine Nachkomma-Stellen anzeigt.
Etwa 130 Kilometer über Landstraßen mit vielen Ortsdurchfahrten – aber auch Zwischensprints – sowie ein 20 Kilometer langes Autobahnstück unter Volllast ergaben einen Verbrauch von 24 kWh. Gerade die rasante Reise mit einer Höchstgeschwindigkeit von Tempo 180 kostet wie bei einem Verbrenner mächtig Energie. Hier kletterte die Verbrauchsanzeige schnell auf etwas mehr als 30 kWh.
Über den Touch-Bildschirm lassen sich die Fahrmodi „Zahm“, „Aktiv“ und „Temperamentvoll“ auswählen. Außerdem steht ein One-Pedal-Modus zur Verfügung: Im Stadtverkehr muss das Bremspedal so gut wie nicht mehr benutzt werden. Die Rekuperations-Verzögerung ist meistens so stark, dass sie den Wagen ausreichend entschleunigt. Die abgebaute kinetische Energie wird als Strom wieder in die Batterie eingespeist.
Fahrwerkstechnisch ist der Mach-E eindeutig auf Komfort ausgelegt. Bodenwellen, Querrillen und auch Schlaglöcher fallen deshalb kaum ins Gewicht. Trotzdem lasst sich der elektrische Mustang mit dem Allradantrieb durchaus flott um die Ecken bewegen. Die Lenkung könnte aber selbst im Modus „Temperamentvoll“ etwas direkter ausgelegt sein, um das Handling bei schnellen Richtungswechseln zu erleichtern.
Fazit
Der Einstieg in die elektrische Welt des Mach-E liegt bei 46.900 Euro. Für die größere Batterie mit Heckantrieb werden 54.475 Euro fällig. Das Basismodell mit Allradantrieb kostet 54.000 Euro, die Spitzenversion 62.900 Euro.
Der neue Konkurrent von Modellen wie Mercedes EQC, Tesla Model X, vielleicht Volvo XC 40 Recharched und dem kommenden Audi Q4 e-tron hinterlässt einen durchweg guten Eindruck. Es gibt viel Platz für Passagiere und Gepäck und dazu ein ein großes und praktisches Fach, den Frunk, unter der vorderen Haube. Die Qualität der eingesetzten Materialien sowie die Verarbeitung liegen auf hohem Niveau. Die Verbrauchswerte pendeln sich in einem Bereich ein, mit dem sich Kunden sicherlich mehr als anfreunden können. Und auch die Abstimmung des Fahrwerks lässt keine Kritik zu.