Audi e-tron GT und RS e-tron GT in einer ersten Ausfahrt

Der letzte Vorhang ist gefallen. Nach diversen Blicken auf Produktion, Design, e-Sound und sogar einer ersten Testfahrt im getarnten Prototypen hat Audi jetzt endlich die Serienversionen des e-tron GT und des RS e-tron GT präsentiert. Jetzt geht es mit dem Serienmodell des elektrischen Sportcoupés auf die Straße.

Audi hat die Bestellbücher für e-tron GT und RS e-tron GT geöffnet. Die ersten Kunden sollen noch im ersten Halbjahr diesen Jahres ihre Autos bekommen. Der elektrisch angetriebene Gran Turismo mit vier Türen und Allradantrieb soll emotionales Design mit einem starken Antrieb, dynamischen Handling und hoher Reichweite vereinen.

„Das schönste Auto, das ich jemals gezeichnet habe“, schwärmte Audi-Chefdesigner Marc Lichte schon im Herbst 2018 bei der Präsentation des Audi e-tron GT concept in Los Angeles. Die Serienversion rollt nun fast unverändert auf die Straße. „Die Grundlage für Ästhetik liegt in den Proportionen: kurze Überhänge und ein langer Radstand, dazu eine schlanke Kabine auf einem kräftigen Körper“, betont Lichte. Bei einem Radstand von 2,90 Metern ist der klassische Gran Tourismo 4,99 Meter lang, 1,96 Meter breit, aber nur 1,41 Meter flach.

Ein weiterer wichtiger Punkt für das Design eines Elektroautos ist Lichte zufolge die Effizienz. „Je geringer der Luftwiderstand, desto größer die Reichweite: Dieses physikalische Grundgesetz der Elektromobilität haben wir beim e-tron GT zum Gestaltungsprinzip gemacht.“ Eine aktive Aerodynamik mit schaltbaren Lufteinlässen für Bremsen und Kühler sowie mehrstufig ausfahrendem Heckspoiler; ein geschlossener Unterboden und ein breiter Diffusor tragen zu einem cW-Wert von 0,24 bei.

Sportlich wohlfühlen

Erstaunlich geräumig geht es zu in diesem Sportcoupé: Ist der Fahrersitz auf eine Körpergröße von 1,85 Metern eingerichtet, finden auf der Rückbank genau so große Personen bequem Platz. Hinter dem Steuer ist alles auf den Fahrer ausgerichtet.

Die vorderen Sitze stehen in drei Versionen zur Wahl. Auf acht Wegen elektrisch einstellbare Sportsitze und Bezügen aus Kunstleder/Perlnappa sind Serie im e-tron GT quattro. Beim RS e-tron GT gibt es die Sportsitze plus mit 14 Wege-Einstellung und Sitzheizung. Optional setzen die Sportsitze plus mit 18 Wege-Einstellung, pneumatisch einstellbaren Seitenwangen, Belüftung und (auf Wunsch) mit Massagefunktion noch einen drauf. Doch schon die Achtwege-Sitze sind bestens gepolstert, haben eine ausreichende Länge für die Oberschenkel und geben den notwendigen Seitenhalt.

Das Kofferraumvolumen beträgt 405 Liter (350 Liter mit Subwoofer) und kann durch Umklappen der Lehnen in Stufen (40:20:40) deutlich erweitert werden. Unter der vorderen Haube gibt es zudem ein Fach, das 85 Liter fasst – idealer Platz für die diversen Ladekabel.

Leistungsabgabe: rasant …

Der vehemente Druck aufs rechte Pedal hat etwas von einem Raketenantrieb. Der e-tron GT hakt den Standardsprint im Boost-Modus von null auf Tempo 100 in 4,1 Sekunden ab – im RS-Modell geht das in 3,3 Sekunden nochmal schneller. Noch heftiger fühlen sich Überholvorgänge an: Aus Tempo 60 wickelt sich der Magen gefühlt um die Wirbelsäule, und die Kopfstütze schützt vor einem Schleudertrauma.

In beiden Versionen leistet die E-Maschine an der Vorderachse 175 kW(238 PS). Beim GT kommen an der Hinterachse 320 kW (435 PS) hinzu, was in einer Gesamtleistung von 350 kW (476 PS) und 630 Nm resultiert. Der RS e-tron GT schiebt im Heck mit 335 kW (456 PS) an – unterm Strich ergibt das eine Leistung von 440 kW (598 PS) und ein Drehmoment von 830 Nm. Im so realisierten Allradantrieb, der grundsätzlich ständig aktiv ist, wird die Kraft des hinteren Motors über ein Zweiganggetriebe übertragen. Nur wenn im Fahrdynamiksystems Audi drive select der Efficiency-Modus gewählt wird, geht es überwiegend im Frontantrieb voran.

Interior

Bei Bedarf gibt’s noch mehr: Im Boost per Launch Control stehen beim GT für 2,5 Sekunden bis zu 390 kW (530 PS) bereit, beim RS sind es 475 kW (646 PS). Damit sind die beiden GTs bis zu 245 beziehungsweise 250 km/h schnell – abgeregelt.

… Leistungsaufnahme aber auch

Nach der WLTP-Norm benötigt der Audi e-tron GT quattro je nach Ausstattung zwischen 21,6 und 19,9 kWh pro 100 Kilometer, beim RS-Modell sind es 22,5. bis 20,6 kWh, woraus sich Reichweiten von 488 beziehungsweise 472 Kilometern ergeben. Im Rahmen unserer Ausfahrt haben wir mit dem GT bei Tempo 100 auf topfebener Straße 21,7 kWh und bei einer Geschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde knapp 26,9 kWh verbraucht. Beschleunigungsmanöver unter Volllast jagen die Verbrauchsanzeige allerdings im Nu auf knapp 40 kWh.

Colour: Tacticalgreen metallic

In beiden beide Modellen speichert die Hochvolt-Batterie netto 86 kWh Energie (brutto 93 kWh). Der e-tron GT kann sie serienmäßig mit elf kW Leistung Wechselstrom laden, und kurz nach dem Marktstart steht eine 22-kW-Option parat. Per DC gibt es – an der entsprechenden Ladesäule – in der Spitze bis zu 270 kW. Damit tanken die beiden GTs in gut fünf Minuten Energie für bis zu 100 Kilometer nach. Eine Ladung von fünf auf 80 Prozent dauert unter idealen Bedingungen weniger als 23 Minuten.

Die hohe Dauerladeleistung erzielt Audi durch eine Systemspannung von 800 Volt. Dabei helfen vier separate Kühlkreisläufe für die Hochvolt-Komponenten und den Innenraum, jeder auf einem eigenen Temperaturniveau. Sowohl beim Abfordern hoher Leistung als auch beim schnellen Laden mit Gleichstrom, das die Batterie auf 50 Grad erwärmen kann, koppeln Ventile den Kühlkreislauf der Batterie an die Klimaanlage an – die Kühlung hält die Performance aufrecht.

Gute Unterhaltung – elektronisch und in Fahrt

e-tron GT quattro und im RS e-tron GT sind mit dem Modularen Infotainmentbaukasten der dritten Generation (MIB 3) ausgerüstet. Das freistehende Audi virtual cockpit plus mit hoher Auflösung lässt sich zwischen drei Screens umschalten – „classic“, „sport“ und „e-tron“. In der e-tron-Ansicht steht das große Powermeter im Fokus, es zeigt den Status des Antriebs und alle wichtigen Informationen zum elektrischen Fahren an.

Colour: Kemora grey metallic

Auf dem MMI touch-Display managt der Fahrer das Infotainment, die Navigation, die Komfortfunktionen und die Texteingabe. Als dritte Bedienebene steht die Sprachbedienung zur Verfügung, Serie in beiden Modellen ist die Medienzentrale MMI Navigation plus. Ein Bang & Olufsen premium sound system leistet 710 Watt. Zu seinen 16 Lautsprechern gehören zwei 3D-Lautsprecher in den A-Säulen.

Fazit

Ohne Wenn und Aber – der Audi e-tron GT überzeugt. Der Antritt ist vehement, der Durchzug überaus beeindruckend. Bei der Abstimmung des Fahrwerks haben die Entwickler es gut hinbekommen, den Gran-Turismo-Charakter zu betonten. So sind Federung und Dämpfung ausreichend komfortabel ausgelegt, um auch längere Fahrten entspannt zu genießen. Gleichwohl fegt das elektrische Sportcoupé bei Bedarf mit hohem Tempo präzise um die Ecken, bleibt dabei kreuzbrav in der vorgegebenen Spur. Dazu lässt sich die Sitzposition am Steuer exakt auf die Abmessungen des Fahrers ausrichten.

Den e-tron GT wird es zu einem Grundpreis von 99.800 Euro, den RS e-tron GT ab 138.200 Euro geben. Matrix LED-Scheinwerfer sind Serie beim RS e-tron GT, beim e-tron GT optional erhältlich. Ein gelungenes Auto, das Audi da auf die 19 bis 21 Zoll großen Räder gestellt hat. Neben der schicken Optik wirkt alles durchdacht. Alles? lässt sich leider nicht mit einem einfachen Knopfdruck ein- oder ausschalten. Stattdessen ist die Aktivierung nur über die individuelle Einstellung des Drive Select-Systems möglich. Das ist umständlich und könnte einfacher gelöst werden.