Hochdachkombis erfreuen sich – nicht nur bei Familien – großer Beliebtheit. Kein Wunder, schließlich ist die Raumnutzung ausgesprochen effizient. Rein elektrisch war das Angebot allerdings bislang recht dünn. Mit dem Nissan Townstar in der Kombivariante gibt es nun mehr Auswahl. Wir sind den ultrapraktischen Japaner ausgiebig gefahren.

Optisch ist der Townstar Electric ein echter Hingucker. Seine Frontpartie, geprägt vom neuen Nissan V-Motion-Design, trägt das frische Firmenlogo und schafft eine visuelle Verbindung zum elektrischen Crossover-Flaggschiff Ariya. Die serienmäßigen LED-Scheinwerfer und das feingliedrige Kumiko-Muster unterstreichen sein futuristisches Aussehen. Dieses Fahrzeug ist nicht nur ein nützlicher Begleiter, sondern durchaus auch ein Ausdruck moderner Ästhetik.

Ein bisschen Technik

Unter der Haube offenbart der Townstar Electric sein wahres Genie. Angetrieben von einem 90 kW starken Elektromotor, der ein Drehmoment von 245 Nm liefert, bietet er dank seiner 45-kWh-Batterie laut WLTP eine Reichweite von bis zu 285 Kilometern. Die CCS-Ladetechnik (Der Vorgänger NV 200 hatte noch CHAdeMO) ermöglicht schnelles Aufladen an Gleichstrom-Schnellladesäulen mit bis zu 80 kW, was zwar nicht rasend schnell ist, aber angesichts des vergleichsweise kompakten Akkus durchaus in Ordnung geht. Knapp 40 Minuten muss man aber für einen Ladevorgang auf 80 Prozent einkalkulieren. Erfreulich ist die Ladeleistung an AC, denn hier kann man, zumindest optional, mit 22 kW laden und benötigt dann weniger als zwei Stunden, bis der Akku wieder zu 100 Prozent gefüllt ist.

Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei knapp über 130 km/h, das ist sicher ausreichend, aber irgendwie fühlt man sich halt doch immer ein wenig bevormundet. Reden wir über die Beschleunigung? Okay, machen wir. 12,6 Sekunden vergehen bis zur 100er Marke. Das drückt keine Augäpfel in den Kopf, geht aber angesichts des Leergewichts von knapp 1900 Kilo in Ordnung.

Praktisch, praktisch

Die Praktikabilität des Nissan Townstar Electric manifestiert sich in jedem seiner durchdachten Details. Beginnend mit dem geräumigen Laderaum, der mühelos zwei Europaletten aufnehmen kann, bis hin zu den großen seitlichen Schiebetüren, die das Be- und Entladen selbst an engsten Stellen erleichtern. Mit einem cleveren Innenraumkonzept, das spezielle Fächer für Büroutensilien und intelligente Stauraumlösungen bietet, erweist sich der Townstar als ein wahres Organisationstalent. In der von uns getesteten Kombivariante bietet er zudem eine beeindruckende Bein- und Schulterfreiheit, was sowohl für den gewerblichen Einsatz als auch für den Familienalltag von unschätzbarem Wert ist. Die Tatsache, dass er bis zu 1.500 Kilogramm Anhängelast ziehen kann, unterstreicht die Vielseitigkeit des Japaners.

Der Nissan Townstar im Alltag

Genug der trockenen Fakten, das Wichtigste bei Autos ist schließlich, wie sie sich fahren. Und das ist im Townstar ein – im wahrsten Sinne des Wortes – erhabenes Gefühl. Man sitzt hoch und aufrecht, hat besten Rundumblick und ein beeindruckendes Raumgefühl. Man chauffiert bewusst viel Raum und ist eigentlich stets auf der Suche nach der nächsten Gelegenheit, möglichst viel zu transportieren. Natürlich bietet man an, nicht nur die eigenen Kinder, sondern auch deren Freunde zu fahren und freut sich diebisch, dass trotzdem hinter der Sitzbank noch satte 819 Liter Ladevolumen zur Verfügung stehen.

Die Schiebetüren verschaffen Gewissheit, dass zumindest die Hinterbänkler auch in engen Lücken bestens ein- und aussteigen können. Außerdem lässt sich so der IKEA-Einkauf tetrismäßig im Laderaum verstauen, denn bei umgeklappter Rückbank können das bis zu 1730 Liter sein und das bei einer Länge von 1,88 m. Dazu kommen die diversen Staufächer im Innenraum, allen voran das in anderen Fahrzeugen nicht existente Staufach über den Köpfen von Fahrer und Beifahrer. So groß und verlockend dieses ist, man findet allerdings nicht auf Anhieb alles darin wieder.

Das Handling des Townstar ist überaus angenehm. Die Lenkung ist leichtgängig und dennoch verbindlich. Der Wendekreis von 11,30 m ist nicht rekordverdächtig, dafür helfen die optionale Kamera und diverse Sensorik bei Parkmanövern, dafür muss man allerdings zu den höherwertigen Ausstattungen greifen, was man ohnehin tun sollte. Mehr dazu später. Zudem ist es im Innenraum elektrotypisch angenehm leise.

Thema Verbrauch: Nissan gibt diesen mit etwa 20 kWh an. Das konnten wir bei gutem Wetter unterbieten, wer aber öfter auf der Autobahn unterwegs ist, muss mit höheren Werten rechnen, die große Stirnfläche fordert da einfach ihren Tribut. Bei Tempo 120 waren es gut 25 kWh, im Stadtverkehr hingegen waren wir mit rund 18 Kilowattstunden unterwegs. Alle Werte gelten hier für das Auto mit Fahrer, wer den Laderaum und vor allem die Zuladung von fast 500 Kilo ausnutzt, darf natürlich noch ein paar kWh aufschlagen.

Die Qual der Modellwahl? Eigentlich nicht

Optisch steht der Townstar mit der Einstiegsvariante mit einem Preis von 39.990 Euro ziemlich gut da. Dieser fehlen allerdings einige – wie wir finden – essenzielle Ausstattungsmerkmale. Denn es gibt nur eine Radiovorbereitung und der AC-Lader kann nur mit 11 kW an der Wallbox oder öffentlichen Ladepunkten nuckeln. Gönnt man sich hingegen die Variante „Accenta“, bekommt man die 22 kW, eine Wärmepumpe, Klimaautomatik statt der manuellen Variante und ein Radio mit DAB sowie Freisprechfunktion. Das sind gut angelegte 2530 Euro. Für weitere 2.150 Euro bekommt man die „N-Connecta-Option“ und hat dann einen Touchscreen, Navigation, Apple CarPlay und Android Auto sowie Connect-Services zur Fernüberwachung und -steuerung des Townstar. Dazu noch jede Menge Komforfunktionen. Last not least gibt es für 45.820 Euro die Tekna-Option mit 360° Rundumsicht, dem Einparkassistenten und einem Fernlicht-Assistenten. Die beiden letzten Varianten sind ganz klar unsere Favoriten, denn mal ehrlich, ohne CarPlay und einen komfortablen Touchscreen können wir uns ein Elektroauto dieser Kategorie kaum vorstellen.

Fazit

Mit dem Townstar bietet Nissan einen der wenigen, elektrischen Hochdachkombis am Markt. Wie auch die Wettbewerber protzt er, im Sinne eines noch bezahlbaren Preises, nicht mit einem riesigen Akku, sondern eher mit hohem Nutzwert. 45 kWh sind grundsätzlich nicht klein, angesichts des Verbrauches aber eben nicht unbedingt langstreckentauglich, das unterstreicht auch die mäßige Ladeleistung. Die 285 km laut WLTP sind so also nur unter besten Bedingungen zu erreichen, daher sollte man sich überlegen, wo der genaue Einsatzzweck des Townstar liegt. Als urbanes Großraumutility hingegen ist er absolut faszinierend und somit sicher eine Betrachtung wert.

Infos:

  • Fahrzeugkategorie:                     Hochdachkombi
  • Typ:                                                 batterieelektrisch
  • Antrieb:                                          Frontantrieb
  •                                                           Elektromotor 90 kW
  • Batteriekapazität:                       45/XXX kWh (brutto/netto)

Reichweite / Ladegeschwindigkeit

  • Reichweite (WLTP):                     285 km
  • Ladeleistung AC:                         11/22 kW
  • Ladezeit AC auf 100%: ca. 150 min
  • Ladeleistung DC:                         80 kW
  • Ladezeit DC 20 auf 80%:           ca. 40 min
  • Ladestecker/Position:                CCS Front

Performance

  • Höchstgeschwindigkeit:            132 km/h
  • 0-100 km/h:                                  12,6 s
  • Verbrauch WLTP:                         19,2 kWh/100 km
  • Gesamt:                                          20,8 kWh/100 km
  • City:                                                 18,0 kWh/100 km
  • Landstraße:                                   20,8 kWh/100 km
  • Autobahn 100 km/h:                 22,5 kWh/100 km
  • Autobahn 120 km/h:                 25,2 kWh/100 km

Technische Daten

  • Abmessungen:              4488 x 1859 x 1838 mm
  • Kofferraumvolumen:                 819 l bis 1730 l
  • Leergewicht / Zuladung:           1872 kg / 498 kg
  • Anhängelast / Stützlast             1500 kg / 75 kg
  • Kaufpreis inkl. Akku:                  ab 39.900 Euro