Mit dem Caravan begründete Opel 1953 das Segment der Kombinationskraftwagen – kurz Kombis. Mit dem Astra Electric Sports Tourer liefern die Rüsselsheimer eines der wenigen, vollelektrischen Exemplare – ein verdammt gutes. 

Ein schöner Rücken – im Kombiheck des Opel Astra Sports Tourer Electric verbirgt sich viel Raum

Kombis sind ein sehr deutsches Thema, dabei liegen die Vorteile auf der Hand. Mehr Raum bei gleichem Footprint, genug Flexibilität für Urlaube, Großeinkäufe oder den Trip zum Möbelmarkt. Global hingegen spielt diese praktische Spezies eher die zweite oder dritte Geige, was erklärt, dass es vollelektrisch bislang kaum Auswahl gab. 

Schon ohne umgeklappte Rückbank bietet der Astra Sports Tourer Electric mehr als 500 Liter Stauraum

Mit dem Astra Electric Sports Tourer ändert sich das jetzt zum Glück, denn die Kombi aus viel Raum und Effizienz ist genau das, was vielen Interessenten bislang gefehlt hat. Insgesamt ist das Fahrzeug durch das Kombi-Heck ein ganzes Stück länger; um genau zu sein, sind es 26,8 cm. Das ergibt dann das ersehnte Mehr an Platz, nämlich einen beeindruckenden Laderaum von über 500 Litern schon bei nutzbarer zweiter Sitzreihe und mehr als 1500 Litern bei umgelegter Rückbank. Diese lässt sich im Verhältnis 40/20/40 umklappen, so dass man auch einfach mal mittig langes Ladegut wie Sportgeräte durchschieben kann oder die klassischen Holzleisten vom Baumarkt. Bei einer Ladebreite von 1,05 m und einer Ladetiefe von 1,05 und 80 cm in der Höhe kann man aber auch bei besetzter Rückbank hinten mal ganz lässig eine Spül- oder Waschmaschine unterbringen und trotzdem noch mit mehreren Personen zum Elektromarkt, Baumarkt oder dem Einrichtungshaus des Vertrauens fahren.

Bei umgeklappter Rücklehne lassen sich im Astra mehr als 1.500 Liter Volumen nutzen

Durchdachter Innenraum

Die Sitze im Astra bestechen durch ihren hohen Komfort. Bezogen mit edlem Alcantara, bieten sie auch bei niedrigen Außentemperaturen ein unmittelbar eintretendes Wohlgefühl, das durch die optionale Sitzheizung noch gesteigert werden kann. 

In puncto Bedienung überzeugt der Opel mit seiner durchdachten Ergonomie. Das zeigt sich auch in Details, die woanders ganz offensichtlich nicht mehr selbstverständlich sind. Die Spiegel lassen sich intuitiv einstellen, und das Head-Up-Display ist eben so leicht zu bedienen. Die Fensterheber befinden sich an gewohnter Stelle, was die Handhabung erleichtert. 

Der aus dem Hause Stellantis bekannte Schieberegler für die Fahrstufenwahl, ergänzt durch eine Wippe zur Auswahl der Fahrmodi „Eco“, „Normal“ und „Sport“, fügt sich nahtlos in das Gesamtkonzept ein. Beim Wechsel in den Sport-Modus ändert sich die Display-Farbe zu einem intensiven Rot, was dem Fahrer sofort signalisiert, dass der entsprechende Modus aktiviert ist.

Durchdacht und qualitativ hochwertig: Das INterieur des Opel Astra Sports Tourer Electric

Der Innenraum punktet zudem mit zwei großzügig bemessenen Cup-Holdern und einem größeren Ablagefach, das auch eine induktive Ladefunktion bietet. Beide Fächer können mit einer Schiebeabdeckung verschlossen werden, was auch chaotisch veranlagten Fahrern oder Passagieren ermöglicht, ein aufgeräumtes Auto zu haben.

Gutes Infotainment – brillantes Head-Up-Display

Das Interieur ist sehr ansprechend gestaltet, die großen Displays gut einsehbar und das User-Interface vergleichsweise gut gemacht, wenn auch nicht ganz intuitiv. Einige Werte wie zum Beispiel die elektrischen Verbräuche sind erst mit zwei oder drei Tastendrücken zu erreichen. Dafür lässt sich das Fahrerdisplay mit einem Knopf im Blinkerhebel sehr schnell zwischen den verschiedenen Darstellungen durchtriggern, sodass alle wesentlichen Infos von Verbräuchen bis hin zu Navigationsinhalten sehr schnell zu erfassen sind. 

Alle wesentlichen Funktionen lassen sich im Multifunktionslenkrad bedienen. Rechts liegt alles zur Hand, was Kommunikation und Medien angeht, sowie die Mikrofontaste für Sprachbefehle, und links sind die Einstellung für Tempolimiter bzw. Tempomat und den Abstandsassistenten erreichbar. 

Ein gelungener Mix aus Touchscreen und „echten“ Tasten macht die Bedienung im elektrischen Opel Astra zum Vergnügen

Zusätzlich gibt es unter dem Informationsdisplay einen Schwung physischer Tasten zur Steuerung wesentlicher Funktionen. In einer oberen Zeile finden sich Sitz- und Lenkradheizung für Fahrer und Beifahrer und die Haupttasten für das Home-Menü, die Klimaregelung sowie die Fahrerassistenzsysteme, die sich dort auf auf Wunsch mit einem Klick variieren bzw. abschalten lassen. In einer zweiten Tastenreihe finden sich Temperatur- und Klimaregelung, und durch den Lüfter lässt sich die Klimafunktion komplett wie gewohnt deaktivieren, falls man mal Energie sparen möchte oder muss, um die letzten Kilometer aus dem Akku herauszukitzeln. 

Natürlich bietet der Astra Sports Tourer auch CarPlay bzw. Android Auto. Man kann also alternativ die favorisierten Apps auf dem Smartphone nutzen und sich mit diesen navigieren lassen bzw. die entsprechenden Medien nutzen.

„Absolut brillant ist das Head-Up-Display”

Frank Kreif, Chefredakteur electric drive

Absolut brillant ist das Head-Up-Display, das sehr detaillierte Informationen bzw. intuitiv erfassbare Informationen gerade in Bezug auf die Routenführung darstellt und insofern eine echte Erleichterung darstellt. Vorbei die Zeit der motorisch aufklappenden Kunststoffschirme, im Astra kommt – wie es sein sollte – die Frontscheibe als Reflexionsmedium zum Einsatz, und das Ergebnis ist eine großflächige, scharfe und brillante Darstellung. Die Inhalte sind perfekt kombiniert und keineswegs überladen, wie man es oft im Wettbewerb vorfindet.

Ab auf die Straße

Im Eco-Modus ist der Astra naturgemäß kein Ausbund an Dynamik. Im Normal-Modus lässt er sich hingegen schon sehr gut fahren, wobei man hier dann auch in den Genuss der sehr angenehmen, leichtgängigen Lenkung kommt. Im Sport-Modus ist auch die Lenkung etwas verbindlicher, im Normal- und Eco-Modus ist sie deutlich leichtgängiger, durchaus angenehm, und sehr locker und lässig zu fahren. 

Wer die volle Leistung von 156 PS abrufen möchte, muss in den Sport-Modus schalten oder bei den anderen Modi halt entsprechend den Kickdown betätigen. Es ist also kein Problem, jederzeit einen schnellen Überholvorgang zu starten. Wenn man das Gas- bzw. Fahrpedal entsprechend durchdrückt, steht sofort die volle Leistung an. 

Der längere Radstand der Kombiavariante lässt den Opel Astra noch souveräner dahingleiten

Im Normalmodus wechselt die Displayfarbe zurück auf ein schönes, beruhigendes Blau. Auf der Landstraße, speziell aber auf der Autobahn, kann man den Fahrspurassistenten aktivieren, der dann nicht nur den Abstand zum Vordermann wahrt, sondern auch die Spur für eine ganze Weile alleine hält, bis man sich nach gut zehn Sekunden wieder bemerkbar machen und am Lenkrad ruckeln muss, damit das Fahrzeug erkennt, dass noch jemand da und vor allem auch aufmerksam ist. Der Fahrspurassistent macht seinen Job im Übrigen sehr gut, bleibt entspannt in der Mitte der Spur, macht keine hektischen Lenkbewegungen, ein offensichtlich ausgereiftes System. 

Das Fahrverhalten ist durchweg angenehm und verbindlich. Der Wagen fühlt sich sehr erwachsen an und ist durch die zusätzliche Dämmung, durch eine aufgebrachte Folie auf Front und den Seitenscheiben Beifahrer und Beifahrer, sehr leise und sehr entspannt zu fahren und kann so seine elektrotypischen Vorteile sehr gut ausspielen. Insgesamt federt der Opel Unebenheiten sehr gut weg, das ist auch dem etwas längeren Radstand gegenüber dem Fünftürer zu verdanken. Die Klassiker wie Gullideckel etc. steckt das Fahrwerk sehr gut weg, und trotz der Leichtgängigkeit kann man es als sehr verbindlich bezeichnen. 

Fahrerassistenzsysteme sind ein wesentliches Stichwort bei neuen Fahrzeugen, denn es gibt viele Modelle im Markt, wo diese eher hinderlich als assistierend sind, mitunter sogar eher lästig. Das ist beim Astra nicht der Fall. Alles, was er macht, ist mehr eine Form der sanften Unterstützung oder der sanften Erinnerung, und insofern kann man diese eigentlich getrost alle aktiviert lassen. Da kann man den Opel-Ingenieuren eigentlich nur zu gratulieren, da ist die Abstimmung sehr gut gelungen. 

Der nächste wichtige Punkt ist Licht, gerade in der dunklen Jahreszeit. Das wirklich empfehlenswerte Matrix-Licht mit 160 Elementen beim Astra ist optional, LED-Beleuchtung inklusive Tag- und Fahrlicht ist Serie. 

Verbrauch und Reichweite

Wir waren Anfang Dezember mit dem Astra unterwegs und da lagen die Außentemperaturen bei etwa 3 °C, also nichts, was der Akkuleistung bzw. der Ladeleistung zuträglich ist. Stichwort Ladeleistung: Hier kann der Astra mit den von der Plattform gewohnten 100 kW Spitzenleistung aufwarten. Ein Thermomanagement gibt es diesbezüglich noch nicht. Allerdings sind die neuen Akkus flüssig temperiert und werden entsprechend vom Fahrzeug im Sommer gekühlt bzw. im Winter vorgewärmt. Nur lässt sich das noch nicht mit einem Ladevorgang synchronisieren. 

Wir waren im Mix aus Autobahn, Landstraße und Stadtverkehr schon auf dem ersten Teil unserer Testrunde mit mit einem Verbrauch von nur 16,4 kWh/100 km unterwegs, was ein bisschen über dem WLTP-Wert liegt, aber natürlich angesichts der Temperatur rund um den Gefrierpunkt mehr als in Ordnung geht. Die Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h haben wir dabei nicht ausgefahren. Das hat sich angesichts der Verkehrssituation rund um Rüsselsheim nicht ergeben. 

Zum Abschluss der Fahrt rollen wir nach rund 90 km Fahrstrecke mit einem Schnitt von 62 km/h wieder auf das Werksgelände und haben dabei einen Durchschnittsverbrauch von 15,8 kWh auf 100 km/h erzielt. Auch dieser Wert liegt oberhalb der WLTP-Angabe, aber nur knapp, und das unter ziemlich widrigen Bedingungen. 

Fazit

Der Opel Astra Sports Tourer Electric ist – wie erwartet – ein sehr praktikables und sehr vernünftiges Auto, das trotzdem ausgesprochen wertig gestaltet ist und insofern sicherlich eine hervorragende Wahl. Die Liebe zum Detail, vom Infotainment bis zu den verwendeten Materialien, macht den pfiffigen Kombi aber zu mehr als einer Vernunftentscheidung. Den Astra kann man auch emotional problemlos rechtfertigen. 

Mit einem Grundpreis von rund 43.500 Euro, also 1.500 Euro Aufpreis im Vergleich zum 5-Türer, ist der Astra Sports Tourer nicht einmal wirklich teuer. Im gleichen Preissegment gibt es durchaus konkurrenzfähige Fahrzeuge, allerdings eben keinen Kombi. Und da ist es doch grandios, wenn Vernunft und Bauchgefühl die gleiche Sprache sprechen. 

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