Die beiden schlechten Nachricht zuerst: Der Kia EV6 GT ist vorerst ausverkauft. Zwar sind die Bestellbücher inzwischen wieder geöffnet. Doch die Lieferzeiten sind sehr lang. Und auch der anfängliche Preis von 65.990 Euro hat sich verändert. 69.900 Euro ruft Kia jetzt für den sportlichsten Vertreter der Elektrobaureihe auf.  Das wird vor allem die Kunden freuen, die den GT bei der ersten Chance quasi blind bestellt haben. Freuen können sie sich zudem auf ein Elektroauto, das sowohl in Sachen Sportlichkeit als auch hinsichtlich Komfort und Alltagstauglichkeit absolut überzeugt.

Beim Blick auf die Abmessungen und die Optik des Kia EV6 GT zeigen sich nur minimale Unterschiede zum weniger sportlich ausgerichteten Baureihenbruder.  4,70 Meter lang, 1,89 Meter breit  (ohne Außenspiegel) und 1,55 Meter hoch ist die Gran Turismo Version des elektrisch angetriebenen Kia. Der Radstand misst 2,90 Meter, die Bodenfreiheit 15,5 Zentimeter.  Etwas anders sieht es schon beim Gewicht aus. Das Leergewicht beträgt samt 75 Kilogramm schwerem Fahrer 2.260 Kilogramm. Das sind immerhin 70 Kilogramm mehr als beim EV6 mit der großen Batterie.  Dafür steigt das zulässige Gesamtgewicht im Vergleich um 80 auf 2.610 Kilogramm. Kleine Unterschiede gibt es zudem beim Volumen des Ladeabteils, das mit 480 beziehungsweise 1.260 Litern um zehn oder 40 Liter geringer ausfällt.  Der Frunk unter der vorderen Haube fasst wie gehabt 20 Liter. Und es gibt für den GT ebenfalls eine Anhängerkupplung, mit der hier 1,8 statt sonst 1,6 Tonnen gezogen werden können. Serienmäßig rollt der allradgetriebene Kia EV6 GT, der optisch lediglich an einem leicht veränderten Frontend sowie einem GT-Emblem zu erkennen ist, auf 21-Zoll-Rädern. Für entsprechende Verzögerung sorgen innenbelüftete Scheibenbremsen, vorne 380 x 34, hinten 360 x 20 Millimeter. Angetrieben wird er EV6 GT von zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren. Der vordere leistet 160 kW (218 PS). Die mit einer externen Wasserkühlung versehene hintere Maschine ist mit 270 kW (367 PS) um 63 Prozent stärker als beim bekannten EV6. Unterm Strich hat der EV6 GT eine Gesamtleistung von 430 kW (585 PS) und ein maximales Gesamtdrehmoment von 740 Newtonmetern. Der Standardsprint auf Tempo 100 gelingt laut Datenblatt in 3,5 Sekunden, in der Spitze sind 260 Kilometer pro Stunde möglich Alles  in allem liegt der EV6 GT in der Gesamtleistung um 80 Prozent über dem EV6 AWD (239 kW/325 PS, 605 Nm), der in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 sprintet und in der Spitze 185 Kilometer pro Stunde erreicht. Die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie des GT hat eine Nennkapazität von 77,4 kWh. Das reicht laut Kia für eine Reichweite von 424 Kilometern.

Wir hatten jetzt erstmals die Möglichkeit, den EV6 GT ausgiebig sowohl auf einer abgesperrten Teststrecke als auch auf Landstraße und Autobahn zu fahren. Danach steht fest: Dieser elektrisch angetriebene Kia übertrifft selbst die aufgrund der Papierform schon hochgesteckten Erwartungen. Kraft, Agilität, Dynamik und Handling sind über jede Kritik erhaben. Ob beim Antritt aus dem Stand, beim Beschleunigen oder bei extrem schnellen Kurvenfahrten – der Kia EV6 GT überzeugt mit einem hohen Maß an Performance. Es ist schon echt beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit und Souveränität sich der doch immerhin 2,2 Tonnen schwere Wagen bei hohem Tempo auf dem Rundkurs mit vielen engen Kurven bewegen lässt. Kreuzbrav bleibt der EV6 GT in der Spur, verzeiht dabei sogar bewusst provozierte Fahrfehler. Das liegt natürlich vor allem an den im Vergleich zum EV6 umfassenden Veränderungen an den Fahrwerkskomponenten und den elektronischen Steuerungssystemen. Die Radaufhängung des GT beinhaltet neue Federn, die die Karosseriebewegungen reduzieren und die Agilität steigern. Sie sind im Vergleich zum EV6 vorn um neun Prozent weicher und hinten um elf Prozent straffer. Der hintere Stabilisator ist um 15 Prozent steifer als beim EV6. Eine elektronische Dämpferkontrolle sowie ein elektronisches Sperrdifferenzial unterstreichen die sportlichen Ambitionen des GT. Das Sperrdifferential  leitet bei Kurvenfahrten das Drehmoment automatisch an die Räder mit dem stärksten Grip und sorgt so dafür, dass keine Leistung verloren geht und größtmögliche Stabilität und Traktion sichergestellt ist. Das alles trägt dazu bei, dass die Wankneigung in Kurven mit hoher Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert wird. Der Gran Turismo bleibt auch beim harten Anbremsen gut beherrschbar, taucht nicht ein.  

Mithilfe der Fahrmodus-Wahl lässt sich der dynamische Charakter des EV6 GT individuell zwischen Eco, Normal  und Sport verändern.  Dazu kommt dann noch der   spezielle GT-Modus, der über eine neonfarbene Taste rechts unten auf dem Zweispeichen-Lenkrad aktiviert wird.

Der GT-Modus wählt für Elektromotoren, Bremsen, Lenkung, Dämpfer, Sperrdifferenzial und das elektronische Stabilitätsprogramm (ESC) automatisch die jeweils dynamischste Einstellung (Sport oder Sport+).  Das ESP lässt im GT-Modus auch mehr Radschlupf zu. Soll es noch sportlicher sein, lässt sich das ESP vollständig deaktivieren. Für den Spaß auf abgesperrter Strecke hat Kia dem GT einen mit mehreren Schritten zu aktivierenden Drift-Modus spendiert.  Dabei  wird die Antriebskraft mit  bis zu 100 Prozent  an die Hinterräder geleitet, was uneingeschränkte Seitwärtsbewegungen ermöglicht. Bei der Kraft, die der EV6 GT auf die Straße bringt, bleibt dann mit heftiger Rauchentwicklung reichlich Gummi auf dem Asphalt. Ein kurzes Vergnügen, das mit einem Satz neuer Reifen teuer zu bezahlen ist.

Ganz anders sieht es bei der ordnungsgemäßen Fahrt im Straßenverkehr aus. Da  zeigt sich der Kia EV6 GT in erster Linie von seiner komfortablen Seite. Schlaglöcher, Querrillen oder Bodenwellen passiert der elektrisch angetriebene Gran Turismo souverän. Schläge oder Stöße kommen so gut wie gar nicht im Passagierabteil an. Die sportliche DNA hingegen hilft  bei schnellen Überholmanövern oder macht auf der kurvenreichen Landstraße Spaß. Während der Kia EV6 GT im Performance-Bereich auf der Teststrecke durchaus weit mehr als 30 oder auch schon mal mehr als 40 kWh auf 100 Kilometer benötigt, pendelt sich der Verbrauch im  Tempobereich zwischen 70 und 100 bei 21,3 kWh ein. Das ist recht nahe dran am WLTP-Wert von 20,6 kWh. Zeigt die Tachonadel konstant 130 Kilometer pro Stunde an, klettert der Verbrauch auf 22,5 kWh.

 

Aufgrund der 800-Volt-Ladetechnologie kann die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie laut Kia  in etwa 18 Minuten an einer entsprechend leistungsfähigen Station von zehn auf 80 Prozent aufgeladen werden. Das sorgt für eine gewisse innere Entspannung, wenn es doch mal etwas flotter vorwärts gehen soll. Doch auch die guten Rekuperationswerte tragen dazu bei, dass die Reichweite nicht allzu schnell abnimmt. So liegt die maximale Rekuperationsleistung bereits bei 150 kW. In Kombination mit dem aktiven Bremssystem des GT  –  innenbelüftete Bremsscheiben mit einem Durchmesser vorn von 380 und hinten von 360 Millimetern  sowie neue Vierkolben-Hochleistungsbremssättel vorn – erzielt es jedoch Spitzenwerte von mehr als 300 kW. Je nach gewünschter Intensität der Energierückgewinnung können sechs Einstellungen (abgeschaltet/Level 1, 2, 3/i-Pedal/Auto-Modus) über die Schaltpedals am Lenkrad gewählt werden. Die maximale Energieausbeute wird im i-Pedal-Modus erzielt, mit dem sich das Fahrzeug sanft zum Stillstand bringen lässt, ohne das Bremspedal zu betätigen.

Wie schon der EV6 kann auch der GT als Stromquelle genutzt werden. Die integrierte Ladekontrolleinheit (Integrated Charging Control Unit, ICCU) beinhaltet eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), die es ermöglicht, Strom mit einer Leistung von bis zu 3,6 kW aus der Fahrzeugbatterie zu entnehmen. Dazu wird der Ladeanschluss des Fahrzeugs durch einen einfachen Adapter in eine Steckdose verwandelt, an die sich zum Beispiel Haushaltsgeräte oder E-Bikes anschließen lassen und über die sogar andere Elektrofahrzeuge aufgeladen werden können.

Optisch wird die Performance-Ausrichtung des Kia EV6 GT mit den 21 Zoll großen Leichtmetallfelgen,  den neonfarbenen Bremssätteln sowie dem flügelartigen Dachspoiler betont. Das  Heck wird dominiert von einem speziell gestalteten GT-Stoßfänger inklusive Diffusor.

Im Innenraum des GT gibt es wie schon im bekannten Kia EV6 Platz satt.  Vorne nehmen Fahrer und Beifahrer auf schwarzen Schalensitze mit veganen Bezügen in Wildlederoptik Platz.  Die Seitenwangen geben bei sportlicher Fahrweise  einen extrem guten Seitenhalt, sind zudem so geformt, dass sie nicht nur für extrem schlanke  Personen bequem sind. Die Polsterung ist bestens, so dass auch die längere Strecke zu genießen ist. Metallapplikationen mit „GT“-Schriftzug und neonfarbene Akzente unterstreichen das  dynamische Erscheinungsbild.  Ein Streifenmotiv ziert das Armaturenbrett und die Mittelarmlehne vorn, die Ambientebeleuchtung in den Türverkleidungen, der Mittelkonsole und dem Armaturenbrett schafft bei Dunkelheit eine angenehme Atmosphäre.

Zwei nahtlos miteinander verbundene, gewölbte12,3 Zoll große Bildschirme  für das das digitale Kombiinstrument und den Touchscreen des Navigationssystems liefern  alle Fahr-, Konnektivitäts- und Unterhaltungsinformationen.   

Eine Vielzahl von Ablagen und ein 480 Liter fassender Gepäckraum stehen für eine hohe Alltagstauglichkeit des Kia EV6 GT. Werden die Sitze der zweiten Reihe umgeklappt, wächst das Volumen des Ladeabteils auf bis zu 1.260 Liter. Vorn unter der Haube befindet sich mit dem Frunk ein weiterer, 20 Liter fassender Stauraum.

Obwohl Kia den Einstiegspreis deutlich angehoben hat, fällt die Rechnung im Vergleich zur Konkurrenz noch immer deutlich niedriger aus. Hier nennt der koreanische Hersteller   namhafte Modelle wie unter anderem Porsche Taycan und Audi GT, aber auch Tesla Model S Performance.